Sommerzeit ist Bikepackingzeit. Und weil das minimalistische Radreisen genauso im Trend liegt, wie Gravelbikes an sich, ist auch die Auswahl an Produkten enorm. Nun stößt auch der französische Outdoor- und Sport-Disounter Decathlon in dieses Segment vor und bietet gleich eine ganze Kollektion an Bikepacking-Ausrüstung an –  von der Lenkertasche bis zur Trägerhose. Preislich liegt das Equipment weit unter denen der Konkurrenz. Doch taugen die Taschen, Tarps und Bibs auch im rauen Außeneinsatz? Wir haben es für euch auf einem Übernacht-Trip getestet.

Text: Max Marquardt, Fotos: Max Marquardt, Alexander Joka

Vom Riverside GCR, Decathlons ersten Vollcarbon-Gravelbike, waren wir schon mal ganz angetan (hier geht´s zur Rezension). Doch wie verhält es sich mit dem Rest der Ausrüstung? Unter den Eigenmarken „Riverside“ und „Forclaz“ bietet der Sport-Discounter inzwischen alles, was man fürs Bikepacking benötigt. Grund genug für einen zweitägigen Praxistest im Süden Bayerns.

Riverside Bikepacking Taschen

Die Riverside Bikepacking Taschen von Decathlon machen auf den ersten Blick einen äußerst robusten und durchdachten Eindruck. Bei der Lenker- und Satteltasche handelt es sich um ein Tragegeschirr, in das ein wasserdichter Packsack mit einem Volumen von 5-15 Litern eingeschoben und dann fixiert wird. Beide Packsäcke bestehen aus strapazierfähigen 420D Polyamid (quasi LKW-Plane) und sind nach IPX6 wasserdicht. Der konvex geformte Satteltaschenpacksack verfügt über ein robustes Kompressionsventil an der rechten Seite, damit der Stauraum auch maximal genutzt wird.

Das Satteltaschen-Harness-System liegt mit einer konkaven, thermogeformten Einfassung sicher und stabil auf der Sattelstange und beansprucht ungefähr 10 Zentimeter Platz. Mit zwei großzügigen Klettschlaufen und an den üblichen Befestigungspunkten wird die Tasche fixiert. Die Verarbeitung ist top – die Gurte und Befestigungen sind entweder sicherheitsvernäht oder genietet. Die Schnallen sind aus Metall, nicht wie üblich aus Plastik. Eine Robustheit, die allerdings auch seinen Preis hat: Stolze 592 Gramm (nachgewogen) bringt nur (!) der Harness auf die Waage. Hinzu kommen noch weitere 200 Gramm Leergewicht für den Packsack. Machen dann ohne zusätzliche Straps 792 Gramm. Im Vergleich: Der Ortlieb Seatbag mit einem Fassungsvermögen von 16,5 Litern, wiegt lediglich 415 Gramm – kostet aber auch fast das Dreifache.

Ein bisschen Kopfschmerzen bereiteten uns die seitlichen Befestigungsschlaufen der Satteltaschen. Anders als bei anderen Taschen, sind diese nicht aus Canvas-Gewebe, sondern aus einer Art Gummi-Plastik-Gemisch. Diese werden durch die Sattelstreben geschlauft, um dann dort anschließend die Fixierhaken einzuhängen. Dies gibt der Tasche die nötige Stabilität und verhindert, dass diese während der Fahrt nach links und rechts baumelt. Nun ist weder Gummi noch Plastik sonderlich robustes Material. Sollte während einem Trip eine der Schlaufen reißen/brechen, könnte dies zu diversen Probleme führen, da dann die Satteltasche nicht mehr anständig am Sattel fixiert werden kann. Ob die Tasche dann in so einem Fall überhaupt noch zu retten wäre, ist ebenfalls fraglich.

Mehr also durchdacht ist allerdings das Molle-Panel auf der Rückenseite der Tasche. Hier bieten acht gut vernähte Molleschlaufen zahlreiche Befestigungs- und Zurrmöglichkeiten für euren Kram.  

Die Lenkertasche verfolgt das gleich Prinzip wie das der Satteltasche: Ein robuster Harness hält einen wasserdichten Packsack. Dieser hat leider kein Kompressionsventil. Drei breite Gurte werden am Lenker und am Steuerrohr befestigt. Drei Gurte an der Vorderseite sichern die Beladung. Drei Steckverschlüsse am Lenker-Harness sind für die Befestigung der Riverside-Zubehörtasche mit einem Fassungsvermögen von 3,5 Litern vorgesehen. Der Harness ist also multimodular einsetzbar.

Für den richtigen Abstand zwischen Lenker und Lenkerhalterung sorgen zwei Abstandshalter aus Silikon. Damit ist genug Platz für Schaltkabel und Bremskabel. Mit jeweils einem breiten Gurt auf jeder Seite werden die Abstandshalter befestigt und strammgezogen. Problem: Möchte man auf die Silikon-Abstandshalter verzichten, kann man diese leider nur durch Zerschneiden entfernen. Denn diese sind fest in die Molleschlaufen auf der Rückseite der Lenkerrolle vernäht. Die maximale Traglast liegt bei 8 Kilo. Bereits hier rutscht die Lenkerrolle gefährlich nahe in Richtung Vorderrad nach unten ab. Ein Überladen ist also nicht möglich. Im Praxistest hielt die Lenkertasche auch auf äußerst ruppigen Trails, ohne dass man diese nachfixieren musste. Ebenfalls schön gelöst ist die stabile Daisychain auf der Oberseite der Tasche – so ein Detail fehlt seltsamerweise bei vielen Lenkertaschen. Diese hat es!

Kommen wir zum Wehmutstropfen: Solo wiegt der Harness 497 Gramm (nachgewogen). Der Packsack schlägt mit 251 Gramm zu Buche. Im Vergleich: Ortlieb 9 Liter Handlebar-Bag 366 Gramm, ist allerdings auch weniger modular. Hier muss jeder für sich entscheiden, welche Lösung (Geschirr oder kompakte Tasche) sinnvoller ist. Harness- und Packsack-Lösungen werden immer etwas schwerer sein, als reine Frontloader.

Der Riverside Full Frame Bag ist eine extrem robuste und steife Rahmentasche mit jeder Menge Platz. Mit einem Fassungsvermögen von 5 Litern (S) beziehungsweise 8,5 Liter (M, L, XL) handelt es sich hierbei um eine Tasche, die besonders für lange Touren gedacht ist. Auch hier wurde als Hauptmaterial wieder IP6X Polyester / Polyamid verwendet. Der Rolltop-Verschluss an der Oberseite ist etwas gewöhnungsbedürftig, weil unüblich. Dieser und das steife Material reduzieren die Zugänglichkeit. Beim Öffnen der Rahmentasche kann man dadurch nicht wirklich sehen, was man daraus fischen möchte und muss sich auf das Tastvermögen verlassen.

Die Verarbeitung der Rahmentasche ist vorbildlich. Ebenso sitzt diese sehr fest und stramm. Durch das thermoplastische Poyurethan Patte und Polyamid ist die Tasche formstabil und bleibt dort, wo sie hingehört. Da man nur maximal einen Bidon-Halter am Rahmen montieren kann, wenn die Tasche im Einsatz ist, kann man als Alternative für den Flüssigkeitshaushalt auch eine Trinkblase in der Rahmentasche versenken. Diese bietet Decathlon in der 3 Liter Variante (Trinkblase Hydrapak Shape-Shift Reversible Reservoir 3L). Ebenso ist ein wasserdichter Durchlass für einen Trinkschlauch integriert. Die Rahmentasche wiegt 450 Gramm (nachgewogen) in der kleinen und 572 Gramm (nachgewogen) in der großen Ausführung.

Triban Regenjacke

Begeistert sind wir von der Triban Regenjacke „Gravel rot“. Für den Preis von knapp 80 Euro eine robuste und praktische Hardshell-Jacke, die sowohl wasserundurchlässig als auch winddicht ist. Mikroperforierungen im Membran machen die Triban Regenjacke atmungsaktiv. Sämtliche Nähte sind abgedichtet und haben einen wasserabweisenden YKK-Reißverschluss, der ordentlich vernäht ist. Es gibt da draußen Marken, bei denen derartige Jacken das dreifache kosten und die Verarbeitung miserable ist. Ein Beispiel hierfür sind GOREWear, die es bis jetzt immer noch nicht geschafft haben, ihr Reißverschluss-Problem (insb. bei den Shakedry- und Lupra-Jacken) in den Griff zu bekommen. Zahlreiche Taschen (unter anderem im Brustbereich) bieten genügend Stauraum für alle erdenklichen Dinge.

Laut Decathlon wurde die Triban-Regenjacke in enger Kooperation mit der „Rennradcommunity“ entwickelt. Diese habe sich eine „sportliche, wasserdichte, klein packbare Jacke für Mehrtagestouren gewünscht, dessen Schnitt angenehm zu tragen sei.

Einen kleinen Kritikpunkt haben wir bei der Triban Jacke allerdings: Die Kapuze lässt sich nur unter dem Helm tragen und nicht darüber ziehen. Dies mag Geschmackssache sein, wir bevorzugen jedoch die „über dem Helm“-Lösung. Bisher gibt es die Jacke nur in Bordeaux-Rot. Die Farbe ist schlicht und unaufgeregt gehalten, was wir sehr begrüßen. Schön wären aber auch noch weitere Farben (zum Beispiel oliv, tan oder andere).

Riverside Cargo Trägerhose GRVL500

Eine ziemliche Überraschung: Die Cargo-Trägerhose von Decathlon glänz durch gute Verarbeitung, komfortables Sitzpolster und durchdachte, angenehm breite Träger. An den Oberschenkeln befinden sich zwei praktische Seitentaschen aus Meshgewebe. Der Clou sind aber die drei (!) eingewobenen Rückentaschen, ebenfalls aus Mesh, die geräumig genug sind, dass man darin so gut wie alles transportieren kann, was man für eine Ausfahrt benötigt. Dadurch kann man sich ein Radtrikot sparen und gemütlich im T-Shirt fahren.

Ausgestattet mit einem „anatomischen“ Sitzpolster und dehnbaren Schichten, folgt die Bib den Körperbewegungen beim Radfahren. Eine mittige Naht sorgt für Stabilität im Sattel.

Das Sitzpolster besteht aus einem speziellen Materialmix, der bei langen Touren den notwendigen Schutz liefern soll. Sowohl an den Sitzbeinen als auch im perinealen Bereich verfügt dieses Sitzpolster über Schutzeinsätze aus High-Density Schaumstoff mit einer Stärke von 120 kg/m³. Der obere, im direkten Hautkontakt stehende Stoff verhindert dank seiner gebürsteten Elasthan- und Polyesterfasern Reibungspunkte und Hautreizungen. Alle Schichten sorgen für Atmungsaktivität und Feuchtigkeitsmanagement.

Für knapp 60 Euro ist die Trägerhose definitiv einen Versuch wert und zeigt, dass auch günstige Trägerhosen Zweck und Komfort erfüllen. Zudem, weil Trägerhosen ohnehin immer eine Sache der persönlichen Präferenz sind. Auf den rückseitigen Oberschenkelseiten befinden sich noch zwei Reflektoren, die wir jetzt nicht so stylisch fanden, aber die für eine gute Sichtbarkeit im Straßenverkehr sorgen. Ebenfalls überrascht sind wir von den zwei Jahren Garantie auf die Trägerhose. Wahnsinn!

Schlafsack Forclaz Trekking MT500

Wer biwakiert braucht einen zuverlässigen Schlafsack. Die Ansprüche sind an dieser Stelle hoch: Er muss warmhalten, atmungsaktiv und gleichzeitig robust sein. Beim Bikepacking kommt noch ein geringes Gewicht hinzu. Die meisten dieser Ansprüche kann Decathlon mit dem MT500 halten.

Mit einer Komforttemperatur von -5 Grad und einem hohen Maß an Atmungsaktivität bietet der Mumienschlafsack eine hervorragende Basis – auch für längere Touren. Da wir auf unserem Bikepacking-Trip keine Biwaksäcke transportieren konnten (zu schwer), war der Schlafsack der nächtlichen Tau-Nässe ausgesetzt. Laut Decathlon ist das Hauptgewebe wasserabweisend. Dies konnten wir im Praxistest allerdings nicht bestätigen. Zwar hielt die Innenseite des Schlafsacks die Nässe fern, die Oberfläche sog sich jedoch nach wenigen Stunden voll und sorgte für ein klammes Gefühl. Die gute Atmungsaktivität können wir bestätigen.

Unser größter Kritikpunkt ist beim MT500 jedoch das Gewicht. In der Größe L bringt der Schlafsack ganze 2.1 Kilogramm auf die Waage. Das ist für den Front-Harness bereits zu schwer. Sämtliche Versuche, den Schlafsack in der Lenkertasche zu verstauen, scheiterten kläglich. Auch, weil die Komprimierung nur bis zu einem bestimmten Maß möglich war. Prinzipiell ist der MT500 ein guter und zuverlässiger Schlafsack. Für Bikepacking-Touren können wir diesen jedoch nicht empfehlen, da er schlichtweg zu schwer und schlecht packbar ist.

Das CLEAT-Fazit:

Sowohl die Riverside Bikepacking Taschen, als auch die Gravel- und Bikepacking-Ausrüstung von Decathlon sind in sehr vielen Aspekten eine Empfehlung wert. Natürlich, vollends perfekt sind manche Dinge nicht, insbesondere was das Gewicht betrifft. 300 bis teilweise knapp 500 Gramm über den Produkten der Konkurrenz ist heftig. Für Fahrer, die Touren planen bei denen es nicht um jedes Quäntchen Gewicht ankommt, sollte dies aber verschmerzbar sein. Positiv überrascht sind wir von der sehr guten, robusten und durchdachten Verarbeitung, sowie dem flexiblen und smarten Harness-System. Sowohl die Trägerhose als auch die Regenjacke lassen keine Wünsche übrig und erweisen sich als komfortable und zuverlässige Begleiter. Besonders Erstere ist unser persönliches Highlight! Das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt und sowohl Einsteiger als auch alte Hasen werden mit der Decathlon-Ausrüstung etwas anzufangen wissen. Dass der Preis also in diesem Fall nichts über die Qualität aussagt, beweist Decathlon auf voller Breite. Man merkt, dass man sich bei vielen technischen Aspekten durchaus Gedanken in der Entwicklung gemacht hat. Wir sind gespannt, was uns in Zukunft noch alles von dem Sport-Disounter erwarten wird.