Liebe Leser,
der Frühling ist in diesem Jahr ausgefallen und wir befinden uns nun mitten im Sommer. Die Trails sind trocken und die Pässe schneefrei. Nehmen wir das einfach mal so hin. Und weil irgendwie alle mit dem Blitzsommer völlig überfordert sind, bekommt man da draußen die unfreiwillig komischsten Dinge zu Gesicht: Unrasierte Waden, winterweiße Haut, staubige Rahmen und eingestaubte Fahrer, die immer noch denken, sie würden gerade ihre Kilometer auf Zwift abspulen.
Als ich letztens eine vorsichtige erste Ausfahrt auf dem Mountainbike wagte, wurde ich von zwei solcher Exemplare überholt. Weil sie in einem ihrer Rucksäcke eine Bluetooth-Box vergraben hatten, wurde das idyllisch frühsommerliche Vogelgezwitscher und Bergbachgeplätscher meines Lieblingsbergs von „River Deep – Mountain High“ zerfetzt. „And it get stronger, in every way, and it gets deeper, deeper, deeeeper, oh baby” – hämmerte mir ungefragt die penetrante Krähenstimme von Glen Hughes ins linke Ohr. Die zwei Sportskameraden fuhren grinsend grüßend an mir vorbei. „Ist das nicht eigentlich illegal?“, dachte ich mir, während die zwei im Rhythmus der Musik allmählich im Anstieg verschwanden. Langsam wurde es wieder ruhiger. „Was für Affen“, murmelte ich und mokierte mich gleichzeitig über meine inzwischen wohl altersbedingte Spießigkeit.
Es gab eine Zeit, da war diese lärmende Klientel von Menschen rein auf die Campingplätze von irgendwelchen Bike-Festivals beschränkt, wo sie mit ihren langen Filzhaaren und in ihren Flanellhemden die Kassiopeia bewunderten, Luftgitarre zu Lynyrd Skynyrd spielten und anschließend ins Kokelfeuer pissten. Ein in Raum und Zeit eingekapselter Mikrokosmos, bestehend aus einer Melange an Neo-Hippies in diesen hygienefeindlichen Pump-Hosen und betrunkenen Bike-Afficionados. Heute ermöglichen ultraleichte Gadgets, Solarladegeräte und verdammte Satelliten, dass diese Typen ihre Bon Iver und Lil Nas X immer und überall dabei haben können – von den Trails in Riva bis zu den Gletschern des Kenai.
Mit Menschen, die in der Wildnis Musik machen, verhält es sich ähnlich, wie mit Menschen, die sich bei Familientreffen betrinken: Sie wissen, dass sie es wahrscheinlich nicht tun sollten, doch sie tun es trotzdem. Es nervt jeden um sie herum. Und trotz der vielen Generationen, die bereits selbiges Leid ertragen mussten, hat sich bis heute kein geeigneter Präventions- oder Durchsetzungsmechanismus dagegen entwickelt. Man nimmt es hin.
Ist es aber dann meine Aufgabe, ihnen zu sagen, wie sie sich zu verhalten haben? Wenn man den Pennern sagt, dass sie sich wie solche aufführen, dann klingt man nur selbst wie ein Arsch. Vielleicht sind sie mit ihrer nervigen Mucke nämlich nur deshalb in der Natur, weil sie genau darin ihr Seelenheil finden: Freiheit, Ausbruch von den Rastern der autoritären Angepasstheit, weg vom Alltag, hin zur maximalen Entspannung. Und wenn sie für dieses profane Draußensein anstelle der „Nature-Sounds“ einen gottverdammten Soundtrack von einem DJ benötigen, dessen Namen sie wohl noch nicht mal selbst aussprechen können, warum kann ich das dann nicht einfach akzeptieren?
Schlagzeug, Flöten, Mandolinen, Slayer: Ob Tiere von einer akustischen Darbietung weniger gestört werden, als von einer verstärkten Aufnahme einer akustischen Darbietung, kann ich nicht sagen. Aber ich weiß, dass Tiere seit Hunderttausenden von Jahren friedlich mit musizierenden Menschen koexistieren. Und ich glaube, dass der Anstieg des Artensterbens im Zeitalter der fossilen Brennstoffe, Kreuzfahrtschiffe und E-Bike-Akkus nicht von irgendwelchen Didgeridoos oder Hammondorgeln verursacht wird.
Bei einem kühlen Bier auf der Alm, meinem Etappenziel, musste ich nochmal an die beiden Typen vom Anstieg denken. Dabei kam ich zu folgendem Schluss: Es gibt keine Vorschrift, die besagt, dass die einzige Art und Weise, sich eins mit der sogenannten Wildnis zu fühlen darin besteht, schweigsam dem Vogelgezwitscher und Bachgeplätscher zu lauschen. Wer schreibt vor, wie Entspannung und Ruhe genau zu definieren ist? Wessen Land ist das überhaupt und wie zur Hölle komme ich zu der Überzeugung, dass eine menschenleere, musiklose Landschaft exklusiv für meine eigene Einsamkeit geschaffen wurde? Man muss im Leben mitnichten alles akzeptieren: Leberkäse mit Ketchup, alkoholfreies Bier, grün-gefärbte Haare, Personen die sich auf die Straße kleben. Aber man kann sehr wohl hinterfragen, ob es sich lohnt, dass man aufgrund von Trivialem wie einem Bluetooth-Lautsprecher, einen Herzinfarkt riskieren sollte.
Damit ihr euch über diese Begebenheit nicht allzu sehr den Kopf zerbrecht, haben wir wieder ein paar spannende Artikel recherchiert. Weil der Sommer längst da ist, haben wir für euch das Riverside GCR von Decathlon getestet. Kann günstig auch gut sein? Hier geht es zum Artikel
Kann das RadRace 120 halten, was es verspricht? Wir waren in Sonthofen vor Ort und haben es uns angesehen. 126 Kilometer und 2200 Höhenmeter später, sind wir zu folgendem Schluss gekommen: Zum Artikel
Damit euch während eurer „aktiven Ruhetage“ nicht allzu langweilig wird, haben wir für euch drei lesenswerte und aktuelle Bücher ausgegraben, für die ihr ein Auge riskieren solltet. Lesestoff für die Inspiration, Motivation, zum Träumen und garantiert auch für den ein oder anderen Lacher. Zum Artikel.
Also, wir wünsche euch einen tollen Sommer, eine phantastische Zeit auf und abseits des Rads, mit oder ohne Musik aus dem Bluetooth-Speaker. Genießt es einfach!
Haltet uns weiterhin die Treue, okay?
Euer
Max & CLEAT-Redaktion
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