Sie sind die heimlichen – und doch meist ziemlich imposanten – Stars des Radsports: die legendären Anstiege, die bei den großen Rennen über Wohl und Wehe entscheiden. Alpe d’Huez, Stelvio und Tourmalet. Oude Kwaremont und Poggio di Sanremo. Es gab schon einige sehr lesenswerte Bücher über die berühmten Berge der Tour und des Giro, aber noch keines aus der Sicht eines absoluten Topfahrers, der bei den großen Landesrundfahrten vorne mitfährt. Jetzt hat der Profi-Radsportler Geraint „G“ Thomas genau dies getan. In seinem Buch porträtiert er 25 berühmte Anstiege und schreibt, wie es sich anfühlt, diese im Wettkampfmodus zu erklimmen.

Pünktlich zur Tour de France nimmt uns Geraint Thomas in seinem Buch „Radsportberge, und wie ich sie sah“ mitten hinein ins Rennen und zeigt, wie sich die Kletterpartien im Eifer des Gefechts wirklich anfühlen, wo die Attacken kommen und wo der Schmerz einsetzt. Der Tour-de-France-Sieger von 2018 porträtiert darin 25 Anstiege, die in seiner Laufbahn eine besondere Rolle gespielt haben. Oude Kwaremont, der Cauberg, Stelvio, Col du Tourmalet, Alpe d´Huez und viele weitere mörderische Klettereien. Steile Straßen, die er liebt, und solche, die er nicht vergisst. Pässe, die er zu fürchten gelernt hat, und solche, die er aus vollem Herzen verabscheut. Dabei kommen auch weniger bekannte Trainingsberge auf Mallorca und Teneriffa, sowie die Schlüsselstellen der Klassiker vor.

Authentisch und gnadenlos ehrlich beschreibt der Profi dabei seine Gefühlslagen, gibt Insiderwissen preis und zeigt dem Leser, dass auch Weltklasse-Fahrer an so manch hartem Anstieg die Federn lassen müssen. So beschreibt er den Mortirolo als „ein Podium der Schmerzen“.

„Etwas langsamer zu fahren, als du eigentlich willst, ist am Mortirolo sogar schlimmer, als schneller fahren zu müssen. Es ist weniger effizient. Es verlängert das Leiden. An einem schnelleren Anstieg kannst du deine Wattzahlen drosseln und die Strapaze fühlt sich gleich ein wenig angenehmer an. Hier nicht. Du bist gefangen in ohnmächtiger Wut, in deiner eigenen traurigen Welt, in deinen eigenen trüben Gedanken.“

Geraint Thomas liefert uns mit seinem Buch eine formidable literarische Begleitung zur Tour de France oder zum Giro de Italia. Die einzelnen Kapitel sind angenehm zu lesen, bisweilen sogar kurzweilig, aber auch informativ gestaltet. So erhalten auch Hobbyfahrer von den Erfahrungen des Profis Rückschlüsse und Tipps für ihre eigenen Touren, auch, wenn es sich hier nicht um ein nerdiges Ratgeber-Buch handelt. Thomas schafft es, durch Emotionalität und einer gewissen Portion Humor, den Spannungsbogen in seinen Texten bis zum Schluss aufrechtzuerhalten. Nahbar, mitreißend, aber auch selbstironisch beschreibt der Profi seine Hassliebe zu den Bergen. Wir alle kennen die schmerzerfüllten Gesichter der Tour-Fahrer während der einzelnen Etappen. Dank Geraint Thomas wissen wir nun auch, was sich dabei in ihren Köpfen abspielt. Eine klare Leseempfehlung – nicht nur für beinharte Rennrad-Fans.

Mehr Infos zum Buch (und viele weitere spannende Radbücher) gibt es auf der offiziellen Webseite des Covadonga-Verlags