Die finnische Marke Polar hat in den letzten Jahren ein wenig den Anschluss an die Konkurrenz à la Garmin, Coros und Suunto verloren. Doch die neue Vantage V3 soll nun Abhilfe leisten und bietet zumindest auf den ersten Blick einige spannende Neuerungen: AMOLED-Display, Multiband-GPS, EKG-Funktion und topografische Offline-Karten. Doch wie gut ist die Uhr wirklich?

Wer viel mit dem Rad unterwegs ist, benötigt eine leistungsstarke und robuste Uhr, die nicht nur die wichtigsten Gesundheitsdaten ins Visier nimmt, sondern auch über eine entsprechend gute Ablesbarkeit verfügt. Polar war für rund drei Jahrzehnte Vorreiter im Sportuhrensegment. Doch in den vergangenen Jahren hat der einstige Innovations- und Marktführer zusehends an Boden verloren. Schließlich wird der Markt immer noch von Garmin und Suunto beherrscht. Mit der V3, so scheint es, will Polar sich nun seinen Platz zurück erkämpfen.

Schick mutet die neue V3 durchaus an, besteht sie aus einem hochwertigen Aluminiumgehäuse und einem kratzerfreien Gorillaglas. Die Rückseite der Uhr ist aus Kunststoff – der leider weiß ist somit dazu neigen könnte, sich relativ schnell zu verfärben. Mit ihrem schlanken Design und einer geringen Gehäusehöhe von 11,5 Millimeter lässt sich Uhr problemlos unter einem Hemd tragen.

Das AMOLED-Display ist eine der beiden wichtigsten Neuerungen gegenüber dem Vorgängermodell. Es ist leuchtstark und löst fein auf, auch im Sonnenlicht sind die Informationen stets gut ablesbar. Polar macht ein paar Dinge bei der Beleuchtung und beim Aktivieren des Zifferblatts anders als die meisten Konkurrenten. Nicht alles ist aber sonderlich gut umgesetzt. So können wir im Alltagsmodus die Aktivierung per Geste nicht abstellen – auch dann nicht, wenn wir Always-on verwenden und den hellen Modus nicht benötigen. Das nervt und sollte bei einer 600 Euro Uhr nicht passieren dürfen.

Die Polar V3 kann mit jedem üblichen 22 Millimeter Armband ausgestattet werden. Dank eines Schnellverschlusses kann dieses auch im Handumdrehen ausgetauscht werden.Die Einrichtung mittels der Polar-Flow-Plattform auf dem Smartphone oder am Computer ist schnell gemacht. Wer bereits eine Polar-Uhr und entsprechend ein Polar-Benutzerkonto hat, kann die Uhr innerhalb weniger Minuten in Betrieb nehmen. Allzu viele Einstellungs- und Individualisierungsmöglichkeiten hat man ohnehin nicht. Wie gewohnt können die einzelnen Sportprofile – Laufen, Schwimmen, Krafttraining, … – in der App komplett individuell angepasst werden.

Punkteabzug gibt es bei den Watch-Faces: Hier hat man nur vier Auswahlmöglichkeiten, die allesamt nicht sonderlich spannend aussehen. Zumindest dann, wenn man es lieber dezent als farbenfroh hat. Das ist natürlich persönlicher Geschmack, dennoch wäre es ein nettes Feature gewesen, wenn man hier noch weitere Individualisierungsmöglichkeiten gehabt hätte. Bei der Konkurrenz ist das schließlich Standard und selbst der US-Newcomer Coros bietet für seine Uhrendisplays mehr Möglichkeiten.

Die Uhr kann entweder über das Touchscreen oder den fünf an der Gehäuseseite befindlichen Tasten bedient werden. Das funktioniert relativ gut, insofern man sich erstmal an die Tastenbelegung gewöhnt hat. Der Touchscreen funktioniert flüssig und verzögerungsfrei. Dieser ist übrigens nicht während sportlicher Aktivitäten aktiviert, sodass man nicht versehentlich irgendwas auslösen kann.

Die Benachrichtigungen vom Smartphone, also Hinweise über Anrufe und Nachrichten, werden zwar durch Vibration der Uhr und einen roten Punkt auf dem Display angezeigt, aber die Mitteilung ist nicht zu sehen. Dafür muss man erst von unten nach oben über das Display wischen. Das führt den Vorteil von Notifications ironischerweise ad absurdum, denn der besteht ja gerade darin, dass man eben nicht mit der Uhr oder dem Smartphone interagieren muss.

Die Smartwatch-Funktionalität der V3 ist leider ebenfalls nicht das Gelbe vom Ei. Zwar ist eine Musiksteuerung möglich, die Uhr hat aber keinen integrierten Player. Also ist man gezwungen, das Smartphone stets dabei zu haben – sonst bleibt einem nur noch das Vogelgezwitscher. Auch bargeldlosesIn puncto Smartwatch-Funktionalität ist die Ausstattung der Vantage V3 eher dünn: Die Uhr kann zwar die Steuerung der Musikwiedergabe auf dem Smartphone übernehmen, bietet aber keinen integrierten Musikplayer. Wer unterwegs Musik hören möchte, muss also das Smartphone mitnehmen. Auch bargeldloses Bezahlen mittels NFC-Chip unterstützt die Polar Vantage V3 nicht.

Polar verspricht bei der Vantage V3 eine lange Akkulaufzeit. Mit bis zu 53 Stunden Aktivitätsaufzeichnung soll sie im genauesten Modus (sekündliche Aufzeichnung aller Satellitensignale auf zwei Frequenzen) länger durchhalten als die vergleichbaren Konkurrenzmodelle Garmin Forerunner 965 (19 Stunden) und Suunto Race (40 Stunden). Generell ist die Akkulaufzeit der V3 sehr zufriedenstellend. Im Test hatten wir nach 4 Stunden Radfahren bei voller GPS-Auslastung noch eine Akkuleistung von 54 Prozent.

Auch beim Thema GPS-Konnektivität hat man die Hausaufgaben gemacht. Die Signale der Satelliten konnte die Uhr schnell finden, sodass man innerhalb weniger Sekunden startklar war. Die Qualität der Streckenaufzeichnung und Distanzmessung stehen den Modellen der Marktbegleiter in nichts nach. Naja, fast:
Um eine Route auf die Uhr zu überspielen, gibt es zwei Optionen: Entweder, man verknüpft das Polar-Konto mit einem Komoot-Account. Bei Komoot erstellte Routen werden dann – leider manchmal mit längerer Verzögerung – automatisch mit Polar Flow und dann mit der Uhr synchronisiert. Oder: Man lädt die GPX- beziehungsweise TCX-Dateien in der Webanwendung von Polar Flow hoch. Das klingt nicht nur ein bisschen wie Steinzeit, sondern das ist es auch. Die Polar-Flow-App auf dem Smartphone bietet keine Möglichkeiten, Routen zu erstellen oder auf die Uhr zu übertragen – für alle Menschen mit Hang zur Spontanität ist diese Uhr scheinbar nicht gemacht worden.Wer möchte, kann sich, sofern die Route mittels Komoot erstellt und auf die Uhr übertragen wurde, auch durch direkte Abbiegehinweise (Turn-by-Turn-Navigation) zum Ziel führen lassen. Die Polar Vantage V3 unterstützt allerdings ebenso wenig wie die Modelle von Coros und Suunto aktives Routing. Eigene Routen direkt über die Uhr zu erstellen, ist leider nicht möglich.

Die Analysefunktionen der V3 sind in der Tat sehr gut. Vor allem aber sind die Auswertungen dank einer sehr durchdachten und übersichtlichen App, klar und verständlich lesbar. Generell ist die Polar-App bei weitem besser als erwartet – und teilweise sogar übersichtlicher als die von Garmin Connect. Gut verständlich und übersichtlich gegliedert bekommt man eine tolle Aufschlüsselung darüber, welchen Effekt das Training hatte, wie erholsam der Schlaf war und wie gut die Gesamtfitness ist.

DAS CLEAT FAZIT:

Die Polar Vantage V3 ist eine zuverlässige Multisport- und Fitness-Uhr mit allen wichtigen Funktionen und einer guten Akku-Laufzeit. Die Trainingsauswertungen und die Polar-App können sich sehen lassen und sind teilweise besser als die der Marktbegleiter. Dass die Uhr auch die Sauerstoffsättigung misst, ist klasse!
Doch wo Licht, da ist auch Schatten: So sind die Minuspunkte klar bei den fehlenden Lifestyle-Optionen wie bargeldlosem Bezahlen und eigenem Musikplayer zu finden. Ebenso ist das vergleichbar schmale Angebot an Individualisierungsmöglichkeiten, sowie das Fehlen der eigenen Routenerstellung in die Kritik zu nehmen. Design ist natürlich reine Geschmackssache. Und wer gerne eine schickere Sportuhr tragen möchte, die nicht, wie viele andere Modelle, den Eindruck erweckt, dass man ein Elitesoldat ist, dann sollte man diese Uhr in die nähere Betrachtung ziehen. Der hohe Preis von 599 Euro ist hingegen auch eine Ansage.