Der Sommer ist (fast) da und mit ihm jede Menge Ausfahrten, Abenteuer, Bikepacking-Trips und Rad-Urlaube. Damit euch während eurer „aktiven Ruhetage“ nicht allzu langweilig wird, haben wir für euch drei lesenswerte und aktuelle Bücher recherchiert, für die ihr ein Auge riskieren solltet. Lesestoff für die Inspiration, Motivation, zum Träumen und garantiert auch für den ein oder anderen Lacher.
von Max Marquardt
Fabio Genovesi – „In meinem Herzen alles Sieger“
Schon als Kind versprach Fabio Genovesi seinem Onkel: „Eines Tages fahre ich den Giro d’Italia.“ Aus der Karriere als Radprofi wurde nichts, er wurde stattdessen Bademeister, Kellner, schließlich gefeierter Schriftsteller. Sein Kindheitstraum wurde am Ende dann doch noch wahr: 2013 schickte ihn die Corriere della Sera, Italiens auflagenstärkste und meistgelesene Tageszeitung los, um die große Radrundfahrt als reisender Reporter zu begleiten. Parallel zu seinen tagesaktuellen Zeitungsberichten entstand ein Tagebuch mit Abschweifungen und Begegnungen, das nun der Covadonga-Verlag in deutscher Sprache veröffentlicht hat. „In meinem Herzen alles Sieger“ ist ein furioser Roadtrip durch ein Land, das genauso ist wie sein Radsport: herrlich absurd und absurd herzlich, nie berechnend und stets unberechenbar. Fabio Genovesi gelingt eine lebenskluge, humorvolle, zeitlos schöne Hommage an Italien, den Radsport und das pralle Leben, die auch knapp zehn Jahre nach Erscheinen der italienischen Originalausgabe nichts von ihrer Faszination eingebüßt hat. Stilistisch muss man jedoch ab und an ein Auge zudrücken: Man merkt, dass es sich bei vorliegendem Buch um eine Übersetzung aus dem Italienischen handelt. Das ist noch nicht so grenzwertig wie im bekannten Sagan-Buch, aber man merkt manchen Sätzen an, dass sie wohl im Original wohlklingender sind, als die teilweise etwas holprige Übersetzung. Dennoch ist Genovesis Buch eine schöne und vor allem spannende Lektüre, nach deren man sofort die Koffer packen und gen Süden aufbrechen möchte.
Michael O.B. Krähe: „Übergestern in Japan“
Das Buchcover von „Übergestern in Japan“ ist durchaus ein Hingucker. Und auch inhaltlich ist die Geschichte von Michael O.B. Krähe ein Amüsement. Beruflich verschlägt es den Ingenieur vom Niederrhein nach Japan. Dort entdeckt er seine Liebe zum Rennradfahren und schafft es – „ohne Talent und echtes Training, aber mit etlichen Kilo zu viel“ – japanischer D-Klassen-Meister zu werden. Als erster Ausländer überhaupt. In seinem reich bebilderten Buch erzählt uns Krähe sein ganz persönliches Rennrad-Abenteuer in einem Land, das die meisten von uns nur von der Landkarte kennen. Erfrischend locker und humoristisch schreibt der Autor über fernöstliche Radrennen, die kurzerhand wegen Giftgasalarm abgesagt werden, arg fehlerhaft oder komplett sinnlos beschrifteten Trikots und kaputten Schläuchen, die andächtig im Garten vergraben werden.
„Übergestern in Japan“ garantiert einige Schmunzler und gibt spannende Einblicke in den japanisches Rad(sport)-Zirkus. Das Buch ist mehr leichte Kost als ein Fünf-Gänge-Menü und manche Anekdoten wirken erzwungen witzig, teilweise sogar latent überheblich. Man merkt deutlich, dass Krähe mehr Ingenieur als Buchautor ist, dennoch kann man zwischen den Zeilen seine Leidenschaft und Begeisterung herauslesen, die das Buch letzten Endes zu einer unterhaltsamen, wenn auch kurzweiligen Leseempfehlung machen.
William Fotheringham – „Put me back on my bike“
„Die beste Radsportbiografie, die je geschrieben wurde“ titelt „Put me back on my bike“ von William Fotheringham. Zugegeben sind derartige Heilsversprechen meist nur wenig wert. In diesem Fall hält der Titel aber, was er verspricht. Dies liegt unter anderem alleine schon an dem Fakt, dass der Olympiasieger und Weltmeister Tom Simpson der erste Brite war, der das sagenumwobene Gelbe Trikot der Tour de France trug. Sein tragischer früher Tod auf der kargen Mondlandschaft des Mont Ventoux während der Tour 1967 machte ihn vollends zur Legende. Auch heute noch die Faszination an Simpson ungebrochen. Hunderte von Fans pilgern auch noch zu dem windumtosten Denkmal, das die Stelle markiert, an der er starb. Simpson, ein Mann der Widersprüche, war einer der ersten Radfahrer, der den Konsum verbotener Drogen zugab, und wurde beschuldigt, Rennen manipuliert zu haben. „Major Tom“ flößte Ehrfurcht und Zuneigung für den obsessiven Siegeswillen ein, der ihn letztendlich Leben kosten sollte. „Put me back on my bike“ besucht die Orte und Menschen, die mit Simpson in Verbindung standen, um die definitive Geschichte von Großbritanniens größtem Radfahrer aller Zeiten zu erzählen. Ein aufschlussreiches, spannendes und in dieser Form wohl einzigartiges Buch im Paperback-Format. Leider nur auf Englisch.