Am vergangenen Sonntag fand die erste Austragung des Radmarathons „Shades of Speed“ statt. Organisiert wurde die Großveranstaltung von Ex-Radprofi Marcus Burghardt, der im April seinen Rücktritt aus dem Profi-Radsport bekanntgeben hatte. Trotz Regen und teilweise winterlicher Temperaturen waren sowohl die Veranstalter als auch die zahlreichen Teilnehmer sehr zufrieden mit dem Event-Debut. Wir waren vor Ort und haben uns die Veranstaltung genauer angesehen.
Text: Max Marquardt / Fotos: Max Marquardt, Julian Hartwig
Marcus Burghardt hatte geladen und die Rennradfahrer kamen: Über eintausend Teilnehmer gingen bei der Erstaustragung seines eigens organisierten Radmarathons „Shades of Speed“ an den Start. Darunter auch zahlreiche Prominente, unter anderem Profi-Rennfahrer André Greipel, Biathlet Simon Schempp, der dreifache Olympiasieger Eric Frenzel oder Miss Germany 2019 Nadine Bernais.
In seinem Exklusiv-Interview für CLEAT hatte Burghardt bereits Anfang April diesen Jahres davon gesprochen, „den vielen Freunden und Fans etwas zurückgeben zu wollen“. Mit seinem Radmarathon setzte er nun, fünf Monate später, sein Versprechen um und glänzte durch eine anständige und professionelle Organisation, sowie einem spannenden, innovativen Marathon-Konzept.
Die ersten verwegenen Rennradler rollten bereits in der Morgendämmerung die schwarze Startrampe auf dem Gelände des Auto-Fachhändlers „Auto Eder“ in Kolbermoor bei Rosenheim herunter. Zu diesen frühen Morgenstunden war es zwar mit knapp über fünf Grad Celsius kalt, aber zumindest regnet es noch nicht. Dies sollte sich im Verlauf des Tages doch leider ändern.
Auf fünf unterschiedlichen Distanzen, die längste davon 270 Kilometer, ging es für die Fahrer durch das östliche Rosenheimer Umland und das Chiemgau, teilweise bis zum Königsee. Eines der Strecken-Highlights, die monumentale Rossfeld-Panoramastraße, hatte man bereits am Vortag spontan aus der Streckenführung gestrichen. „Bei diesem Wetter schlichtweg zu unsicher und gefährlich für die Teilnehmer“, hieß es Seitens des Veranstaltungsteams. Gegen 09.00 Uhr fing es an zu nieseln; wenig später goss es wie aus Eimern. Doch die schwierigen Wetterbedingungen schreckten die Teilnehmer kaum ab. Nach Durchschnittsgeschwindigkeiten wurden die Fahrer am Start in Gruppen eingeteilt, um sich gegenseitig zu unterstützen und Windschatten zu geben. Ein Marathon-Konzept, das uns bisher fremd war, aber erstaunlich gut funktionierte. Denn die Gruppetos fuhren dicht aneinandergedrängt, wie eine Schafherde, die sich gegenseitig wärmt, von Labestation zu Labestation, wo sie von den insgesamt knapp 80 Helfern mit heißem Tee oder Kaffee, sowie vorzüglichen, warmen Essen versorgt wurden. Serviert wurde dieses von bekannten Sterneköchen wie Andreas Senn, Achim Hack, Flo Lerche und anderen. Vor allem die Labestationen sorgten dafür, dass die Moral bei den Teilnehmern stets positiv blieb.
„Wir haben unglaublich positive Rückmeldung von den Teilnehmern erhalten – insbesondere was die Verpflegung betrifft“, sagt Marcus Burghardt. Und tatsächlich kümmerten sich die Helfer-Teams fast schon rührend um die teilweise schlotternden Fahrer, füllten ihre Trinkflaschen für sie auf und nahmen sich für jeden eine Extra-Minute Zeit. An der Labestation in Adelsholzen wurde für die ganz Durchgefrorenenen, sogar der Pizzaofen kurzerhand zur Heizung zweckentfremdet. Zu Stürzen oder Unfällen kam es glücklicherweise nicht – fast schon ein Wunder mit Blick auf das Wetter. Entsprechend positiv fiel auch das erste Resümee Burghardts aus: „Ein sehr erfolgreicher Radmarathon – trotz schlechtem Wetter“, so der Wahl-Samerberger.
Ausgezeichnete Stimmung, jede Menge Lob, zufriedene Fahrer und Veranstalter- aber es gab es auch Kritik. So seien viele Schilder und Richtungspfeile auf den Strecken vom Wind beschädigt oder verdreht worden, was bei dem ein oder anderen Fahrer für Frustration sorgte. Manche beschwerten sich auch, dass die Sichtbarkeit der Richtungspfeile extrem schlecht gewesen sei. Denn sämtliche Schilder waren in einem stylischen Schwarz gehalten, was zwar erstmal cool aussieht, für die Sichtbarkeit aber eher das Gegenteil ist. „Für die schlechte Beschilderung muss ich mich entschuldigen. Das ist ein ganz wichtiger Punkt, den wir auch schon während des Events gemerkt haben“, so Burghardt selbstkritisch. Hier werde man, insofern es eine Wiederholung gäbe, selbstverständlich nachbessern. Glücklicherweise hätten es aber alle Teilnehmer am Ende wieder gut in den Zielbereich in Kolbermoor geschafft.
Im Zielbereich gab es zwar keine Medaillen, dafür aber Finisher-Musette-Bags von Isadore, prall gefüllt mit allerei Sponsoren-Produkten. Ebenso konnte man ganz in der Nähe duschen – eine Option, die an diesem Tag so einige nutzten.
Ironischerweise ließ sich gegen Ende dieses kalten und feuchten Sonntags dann doch noch die Sonne blicken und tauchte das Veranstaltungsgelände in ein goldenes Abendlicht. Positiv fiel auf, dass nicht gleich jeder Teilnehmer davonbrauste, sondern noch etwas auf dem Veranstaltungsgelände verweilte, fachsimpelte und bei einem warmen Essen oder After-Ride Bier den Tag Revue passieren ließ.
Für alle VIP-Teilnehmer gab es noch eine große After-Ride Party in den Räumlichkeiten von Auto Eder, inklusive musikalischer Untermalung und (natürlich) Sterne-Koch Max Pfeiffenberger und Spitzenkoch Flo Lerche. Bei köstlichem Rehragout und anderen (auch flüssigen) Leckereien ließ man so gebührend und zusammen den Tag Revue passieren.
Bedanken wolle sich Marcus Burghardt bei den tapferen Teilnehmern, den vielen Helfern, Sponsoren und Unterstützern, aber auch den Profisportlern und den Köchen. Sie alle hätten in Summe zu diesem Erfolg beigetragen. Ob es in 2023 eine Wiederholung gäbe, werde man rechtzeitig bekannt geben. „Nur dann hoffentlich mit Sonnenschein und blauem Himmel“, so Burghardt abschließend.
Unser Fazit:
Der Einstand von Shades of Speed ist aus unserer Sicht geglückt. Die Veranstaltung war professionell organisiert, die Stimmung außerordentlich gut und das Konzept mit den Starterblöcken originell und innovativ. Natürlich steht und fällt eine solche Veranstaltung immer mit den Teilnehmern, weshalb aus unserer Sicht ihnen das größte Lob gebührt. Es ist mit Sicherheit keine Selbstverständlichkeit, dass man sich als Hobbyfahrer bei 6 Grad und Regen aufs Rad schwingt um zwischen 100 und 270 Kilometern durch das oberbayrische Hinterland zu bügeln. So gab es tatsächlich auch einige Fahrer, die allem Umständen zum Trotz die längste Tour „Das.Monument“ durchzogen – einer von ihnen erreichte das Ziel in Kolbermoor sogar unter 8 Stunden. Wahnsinn! Die Sache mit den Schildern war unglücklich, wobei aus unserer Sicht hier nur bedingt die Schuld am Veranstalter liegt. Bei derart starken Windböen ist es schlichtweg höhere Gewalt und nicht beeinflussbar, dass die Schilder an Ort und Stelle bleiben. Hätte man allerdings gleich sämtliche GPX-Daten auf der Webseite veröffentlicht, hätte sich auch garantiert niemand verfahren. Aber Fahrradkette und hätte liegt im Bette (oder so ähnlich). Marcus Burghardt scheint der Sprung vom Radprofi zum Event-Veranstalter vorerst gelungen zu sein. Sollte es 2023 eine Nachfolge-Veranstaltung geben, so sind wir gerne wieder mit dabei – diesmal aber als Fahrer. Denn die Symbiose aus Genuss, Radsport und angenehmer Atmosphäre inmitten oberbayrischer Alpenkulisse haben uns beeindruckt und machen Shades of Speed zu einem extravaganten Event im Rennkalender. Chapeau!