„Moe was?!“ Ganz richtig, Moe Moea ist nichts, was man mal eben im Duden findet. Und wer denkt, dass es sich dabei um etwas Alkoholisches handelt, liegt leider auch daneben. In Wahrheit verbergen sich hinter Moe Moea (Maori: z.Dt. in etwa Traum-Abenteuer) lediglich ein paar Dudes mit Schaufeln und Spitzhacken, die im Schwäbischen Hinterland „richtig geile“ Trails in die Walachei zu knallen. Doch das ist nur die halbe Geschichte. Die idealistische MTB-Truppe musste dafür nicht nur jede Menge bürokratische Hürden überwinden, sondern engagiert sich auch aktiv im Bereich Jugendförderung. Durch ihren unfreiwillig trashigen Instagram-Auftritt ist nun auch GoreWear auf sie aufmerksam geworden und hat die Naturburschen nach Bayern eingeladen, um sie mit feinstem Zwirn auszustatten. Und weil sie ohnehin schon ganz in der Nähe waren, traf CLEAT-Chefredakteur Max Marquardt die Jungs zum Interview.

v.l.n.r CLEAT-Chefredakteur Max Marquardt, Rafael Sinesi, Vincent Seitz, Constantin Schuler. Foto-Credit: RADRace

Eigentlich hatten mich GoreWear zu einem Mountainbike-Trip in die oberbayrischen Voralpen eingeladen. S2-S3 Trails standen auf dem Programm, das Auschecken der neuen Trail-Kollektion und ein abschließendes Meet & Greet mit GoreWear, RadRace und MoeMoea auf der Silbergalm. Doch ein unerwarteter Wintereinbruch mit Schneefall, Regen und Minusgraden, ließ die ursprüngliche Planung bröckeln. Das Treffen auf der Alm, zum Beschnuppern und Kennenlernen, sollte aber „definitiv stattfinden“, wie mir GoreWear versicherten. Also packte ich noch schnell Bergstiefel und Schlafsack anstelle des Mountainbikes in meinen Jeep und donnerte in Richtung Silbergalm, wo mich Rafael Sinesi, Vincent Seitz und Constantin Schuler bei kühlem Bier begrüßten.

CLEAT: Servus Jungs! Willkommen im tiefsten Oberbayern!

Moe Moea: Proscht Max! (kollektives Anstoßen und Gläserklirren)

Ihr seid im Endeffekt eine MTB- und Trailbuilding-Crew aus Schwäbisch Gmünd. Dort habt ihr euch kennen und lieben gelernt, oder? Wie viele Leute seid ihr denn insgesamt?

Rafael: Das kann man gar nicht so genau sagen – und man muss auch ein bisschen dazu ausholen. Es gab in Gmünd einen Förster, der eine MTB-Strecke in seinem Waldabschnitt geduldet hat. Vincent und ein paar Kumpels haben hier dann einen Trail gebaut. Irgendwann kamen dann immer mehr Leute und sind diesen mehr oder minder ja privaten Trail gefahren. Ende 2019 haben ein paar Kidz ein Rennen dort veranstaltet – da waren dann auf einmal über 50 Leute vor Ort. Das war ein bisschen zu viel. Ein paar Tage später hat sich dann auch noch irgendwer auf dem Trail das Schlüsselbein gebrochen, was in einem Kaff wie Schwäbisch Gmünd natürlich sofort die Presse alarmierte. Ein riesiger Zirkus! Dann war die Strecke erstmal gesperrt.

Und ihr hattet plötzlich nichts mehr zum Fahren..

Vincent Seitz: Ja, genau. Es war ja sozusagen „unsere“ Home-Strecke. Wir saßen uns dann zusammen und gingen direkt auf die Stadt zu, mit der Intention, die ganze Sache durch eine Petition zu legalisieren. Die Stadt selbst suchte witzigerweise ebenfalls den Dialog mit uns. Wir waren damals halt ein loser Haufen von Mountainbikern, kein Verein oder sowas. Darauf folgten die ersten runden Tischen mit dem Bürgermeister und den Vertretern der Stadt, sowie dem DAV. Corona hat die ganze Sache nochmal gut verzögert. Aber Mitte 2020 war der ganze Papierkram erledigt und wir hatten grünes Licht für unseren eigenen Trail. Zwar nicht derselbe, weil zu gefährlich (das Ding kreuzte halt auch eine Straße), aber nur unweit vom ursprünglichen Trail entfernt.

Rafael: Hinzu kam natürlich noch extrem viel Zeit, Aufwand und jede Menge Telefoniererei, bis wir dann endlich unseren neuen offiziellen Homespot hatten. Als lose Interessengemeinschaft ist das halt Schwierig, sowas durchzubekommen. Da braucht man dann einen Verein, der für so eine Sache bürgt. Alles sehr kompliziert. Am Ende hat es sich aber gelohnt.

Muss in Deutschland eigentlich ein Trail vom TÜV abgenommen werden?

Rafael: Ja, tatsächlich! Dadurch, dass ja jeder Spielplatz in Deutschland ebenfalls vom TÜV abgenommen werden muss, wollte die Stadt, dass unser Trail auch von diesem abgenommen wird.

Ich stelle mir das irgendwie lustig vor: ein Typ im Blaumann und mit Zollstock auf einem Trail mitten im Wald, am besten noch mit einem Klemmbrett unterm Arm…

Rafael: Das witzige dabei war ja, dass er selbst nicht so genau wusste, was er da jetzt genau prüfen soll. (lacht) Klar, es gab da schon ein paar Parameter, grundlegende sicherheitsrelevante Sturzzonen und so weiter, aber das ist ein Novum, auch für den TÜV.

Wie ist denn die Situation in Baden-Württemberg generell mit den Trails? Da hört man ja schon ziemlich üble Geschichten: Leute, die die Polizei holen oder sogar Seile spannen, das Aufnehmen von Personalien und so weiter…

Vincent: Bei uns in der Gegend um Gmünd ist es ein gutes Miteinander, da die Leute sich gegenseitig mit Respekt begegnen. Jeder hat seinen Frieden. Das Konfliktpotential ist sehr gering, die Akzeptanz sehr hoch.

Rafael: Das Krasse ist halt: 40 Kilometer weiter, in Stuttgart, wird mit einer Reiterstaffel unten am Trail auf die Sportler gewartet.

Vincent: Es sind halt auch mehr Leute, die dort leben. Aber: Die Stadt Stuttgart sieht sich vielleicht auch nicht so in der Verantwortung was das betrifft. Eine schwierige Sache.

Wenn du einem 13-jährigen eine Schaufel in die Hand drückst und sagst, dass jetzt ein geiler Trail gebaut wird und nach 3 Stunden Plackerei ist ein kleiner Erdhaufen verschoben, dann ist das nicht unbedingt das, was man in dem Alter in seiner Freizeit machen will.

Vincent Seitz / MOE MOEA

Obwohl ihr kein richtiger Verein seid, engagiert ihr euch auch stark in der Jugendförderung. Was war hier der Antrieb?

Rafael: Weil die Jugend ja tatsächlich der Auslöser dafür war, dass das alles ins Rollen gekommen ist. Hätten die dort damals nicht ihr illegales Rennen veranstaltet, würde wir heute noch auf unserem Privat-Trail heizen. Wir waren ja auch nicht viele Leute. Aber die Kids waren heiß und wollten mehr.

Vincent: Man muss auch sagen, dass die meisten von denen ja noch minderjährig sind und somit gar nicht erst ein Projekt wie dieses bei der Gemeinde durchbekommen. Dafür muss man ja zumindest volljährig sein. Also stand dieser Punkt gänzlich in unserer Verantwortung. Also haben wir uns darum gekümmert, haben aber schon damals bei der Petition die Jungen mit eingebunden.

Mal Hand aufs Herz: Haben die Kids überhaupt groß Bock sich mit Schaufel und Spitzhacke durch den Wald zu wühlen, wenn sie doch eigentlich zum Tackern gekommen sind?

Vincent: Das stimmt natürlich. Wenn du einem 13-jährigen eine Schaufel in die Hand drückst und sagst, dass jetzt ein geiler Trail gebaut wird und nach 3 Stunden Plackerei ist ein kleiner Erdhaufen verschoben, dann ist das nicht unbedingt das, was man in dem Alter in seiner Freizeit machen will. Das war damals halt auch für einige echt schwierig, weil der Trail ja noch nicht stand. Da musste alles von Grund auf neu gemacht werden. Heute ist das leichter, weil der Trail ja jetzt schon fertig ist und noch kleine Arbeiten gemacht werden müssen.

Constantin Schuler: Ich versuche den jungen Leuten dann halt auch ein bisschen dieses Puristische beizubringen. Diesen Idealismus zu vermitteln. Mountainbiken ist so viel mehr als nur durch den Wald zu ballern. Man kann auch Spaß am Bauen von Trails haben. Stell dir mal vor, du kannst deinem Kumpel dann sagen: „Hey, die Kurve da vorne, die hab ich gebaut.“

Trailbuilding wird ja teilweise als eine Kunstform hochstilisiert. Ist das nicht ein bisschen übertrieben?

Rafael: Für die Jungen mag das so wirken…

Constantin: Der Anspruch wächst mit der Zeit. Und wenn du da einmal drin bist, dann kommst du da einfach nicht mehr raus.

Rafael: Es geht ja auch nicht nur ums Fahren, sondern es muss auch optisch stimmen. Für mich ist das echt ein Dorn im Auge, wenn hinter einer geilen Kurve Holz zur Stabilisierung liegt. Das geht gar nicht. Das ist stümperisch. Man kann sowas schnell hinpfuschen und in ein bis zwei Monateb fängt man wieder von vorne an. Macht überhaupt keinen Sinn, oder?

Vincent: Wir haben es auch schon erlebt, dass Leute an den Trail kommen und einfach die Kurven aufschütten, weil sie sie zu klein finden. Da wird dann sämtliches morsche Holz, das gefunden wird, auf einen Haufen gelegt, Erde drüber und fertig. Und in zwei Monat ist das Ding hin. Also: Unser Anspruch ist einfach sehr hoch – und sehr nachhaltig.

Woher kommt dieses Trail-Building Wissen? Erarbeitet man sich das oder gibt es da Literatur?

Rafael: Alles autodidaktisch. Und auch ein schmerzvolles Lernen (lacht)

Vincent: Es ist recht simpel: Man merkt einfach, was funktioniert und was nicht. Was Bestand hat und auch noch nach einer Saison steht und was nicht.

Beim Rennradfahren geistert in letzter Zeit dieser Spruch „Look Pro, go Slow“ rum. Das Problem ist, dass sich heute die Leute mit megateurem Stuff eindecken und teilweise noch nicht mal anständig Radfahren können. Sozusagen der Style steht über allem – sogar über dem Spaß. Ihr macht ja auch viel Jugendarbeit, somit drängt sich mir die Frage auf: Könnt ihr da irgendwie einen Einfluss ausüben, dass es beim Radfahren eben nicht nur ums Material und das geilste Bike geht, sondern der Spaß vordergründig ist?

Constantin: Da gehen die Meinungen auch innerhalb unserer Gruppe auseinander. Es gibt da auch kein richtig oder falsch. Ich für meinen Teil, bin viele Jahre lang ein 26“ Hardtail mit einem 140er Federweg gefahren – das ging auch und hat Spaß gemacht. Auch Vincent fährt noch ein altes Bike. Die meisten von uns wollen einfach nur solides Material und fahren, fahren, fahren! Gleiches betrifft die Klamotte.

Vincent: Man merkt es sehr stark, das die Jugend und auch der Nachwuchs sehr von der Bikebranche beeinflusst wird. Das ist echt irre, was man da teilweise sieht. Unglaublich teure Räder….man merkt auf jeden Fall, dass das Material oftmals vor dem Fahrer kommt. Consti und ich werden inzwischen am Trail auch „die Jeanshosen“ genannt, weil wir halt immer in ollen Jeans fahren gehen. Dann kam auch irgendwann der Spruch auf „Look slow, go Pro“ (lacht)

Rafael: Bis vor kurzem sind wir alle einfach nur kleine Räder mit dicken Reifen auf irgendwelchen Waldwegen gefahren. Klar, jetzt sind wir schon ein bisschen professioneller in der ganzen Nummer drin und genießen es natürlich, auch mal ein paar Goodies zum Beispiel von GoreWear tragen zu dürfen. Definitiv gutes Zeug, keine Frage. Aber das war nicht Auslöser.

Vincent: Man darf sich da aber auch selbst nicht so ernst nehmen. Ich glaube nicht, dass wir so einen großen Einfluss auf die Jugendlichen haben. Das meiste läuft über Social Media – die werden da täglich so krass bombardiert mit allem möglichen. Da muss es dann unbedingt die FOX Kashima Gabel sein und so weiter… Obwohl: Wo wir durchaus Einfluss hatten, war dieses Gemeinschaftsgefühl. Also wo mitmachen, zusammenhelfen, in der Gruppe etwas Geiles auf die Beine stellen. Aber beim Material et cetera, keine Chance. Unter uns Alten gibt es ja auch ein paar, die nur das Beste vom Besten fahren wollen. So ist das halt.

Und wie geht die ganze Geschichte mit MoeMoea nun weiter? Was sind eure Pläne?

Rafael: Wir wollen eine Firma gründen, die sich für die Legalisierung von Trails stark macht. Die die Gemeinden in diesen Sachen berät und dabei unterstützt. Ein Paket schnürt. Auch, was die gesellschaftliche Akzeptanz betrifft.

Vincent: Der Bau des Trails in Schwäbisch-Gmünd war eine rein idealistische Sache. Wir haben das nicht getan, weil irgendwelche Kohle oder Sponsoren-Deals gewunken haben. Es ging immer um die Sache! Aber je mehr wir uns mit der Thematik auseinandergesetzt haben, desto mehr haben wir gemerkt, dass es so nicht mehr weitergehen kann, mit all den Verboten und Vorbehalten. Wir wollen das nicht riesig aufziehen, es kann auch sein, dass sich erstmal alles nur auf unsere Region beschränkt. Aber die Firma ist der erste Schritt in eine professionelle Richtung und wir glauben, dass das ein guter Weg ist.

Constantin: Jeder spricht von Nachhaltigkeit, von Naturschutz und sowas. Aber für uns ist das ein unglaublich wichtiges und permanentes Thema. Damit eben genau solche Sachen nicht passieren, dass illegale Trails in irgendwelche Naturschutzgebiete gehackt werden.

Mehr Infos zu Moe Moea und jede Menge feinen Content vom Trail-Life gibt auf ihrer Instagram-Seite.