Es gibt wohl kaum ein Kleidungsstück, über das unter Radfahrern mehr diskutiert wird: die Bib-Short. Die richtige zu finden, ist eine regelrechte Philosophie. In unserer Interview-Serie sprechen wir mit Experten der namhaftesten Marken und tauchen ein in die Welt der Paddings, Nähte und Stoffe – und geben Antworten zu den wichtigsten Fragen. In Teil 3: Axel Bauer (PR und Kommunikation Deutschland/Österreich) von Sportful.

Axel Bauer / Sportful während des Sportful Dolomiti Granfondo in Italien

Cleat: Hallo Axel, viele Radfahrer, insbesondere im sportlichen Bereich, tragen ihre Bib-Shorts und Bibs viele Jahre lang, bevor sie sich eine neue zulegen. Die einen aus möglicherweise finanziellen Gründen, andere, weil sie denken, die Paddings seien noch völlig in Ordnung. Wie oft sollte man die Hosen austauschen?

Axel Bauer: Aufgrund mehrerer Faktoren ist es nicht so leicht hier eine klare Angabe in Jahren oder Kilometern zu nennen. So empfehlen wir zum Beispiel, mehrere Radhosen im Wechsel zu haben, zumindest als Vielfahrer (im Schnitt mehr als drei Radausfahrten pro Woche), und in der Regel wird nicht notiert, wann welche Hose getragen wurde. Zudem wirken sich unter anderem Untergrund, Temperatur, Schwitzverhalten, Körpergewicht, Sattelposition auf die Lebensdauer von Pad und Hose aus. Dies führt dann dazu, dass sich auch hier individuelle Unterschiede ergeben. Trotzdem kann man als grobe Orientierung nehmen, dass eine Radhose, bei regelmäßiger, sachgerechter Pflege (Wäsche nach jeder längeren, intensiveren Ausfahrt) und im Wechsel mit weiteren Hosen, nach zwei Saisons ausgetauscht werden sollte.

„Vielfahrer sollten immer zwischen mehreren Hosen wechseln.“

Gibt es bei Sportful Studien über die Haltbarkeit von Bibs und Bibshorts?

Ja, die gibt es natürlich. Hier arbeiten wir auch sehr eng mit unseren Athlete und Teams zusammen – Marathon-, Granfondospezialisten, und natürlich das Pro-Team BORA-hansgrohe. Seit einigen Jahren tauschen wir uns auch mit diversen Gravel- und Ultracyclingfahrern auf der ganzen Welt aus. Manche Tests führen wir auch in unserem HQ und an unterschiedlichen Produktionsstätten durch.

Gibt es hier eine Art Empfehlung oder Formel? Also: Nach X Kilometern sollte man sich eine neue Hose zulegen?

Nein, da gibt es (leider) keine Formel. Was Empfehlungen betrifft, greifen zum Großteil die Argumente und Punkte aus deiner ersten Frage: Unterschiedliche Einflüsse, regelmäßige Pflege, Waschen der Radhose. Vielfahrer sollten immer zwischen mehreren Hosen wechseln.

Blick hinter die Kulissen: Produktionsstätte bei Sportful

Sportful machen viel im Bereich Textilforschung- und Weiterentwicklung. Welche technischen Veränderungen und Neuerungen haben sich hier in den letzten Jahren in Bezug auf Sitzpolster und Materialien und Stoffen bei Bib-Shorts getan?

Es hat sich primär gezeigt, dass man in verschiedenen Richtungen forschen und entwickeln muss. So muss zum Beispiel eine Hose, die für Bergetappen bei einer Grand Tour oder für einen Radmarathon bei hochsommerlichen Temperaturen konzipiert ist, andere Ansprüche erfüllen als eine Radhose für lange Gravelrides oder Ultracycling. Somit sind wir immer auf der Suche nach Materialien, die zunächst mal Komfort gewährleisten, sich dann aber bezüglich Atmungsaktivität, Widerstandsfähigkeit oder Wetterschutz unterscheiden.

„Wenn der Komfort und das Wohlbefinden nicht passen, helfen weitere interessante und innovative Features relativ wenig.“

Kannst du da etwas konkreter werden?

Zwei Beispiele: In unserem Gravel-Topmodell, der Supergiara Bibshort, haben wir mit dem DMS Seatpad einen Einsatz vernäht, der speziell für (längere) Gravelfahrten entwickelt wurde. Das heißt, eine sehr offenporige Polsterkonstruktion für mehr Atmungsaktivität und ein schnelleres Trocknen. Zugleich ist das Polster etwas kürzer, da man auf dem Gravelbike im Normalfall aufrechter sitzt als auf dem Straßenrad, mit einer eher sportlicheren, aerodynamischeren und somit längeren Sitzposition. Die neue LTD Shield Bibshort wiederum, die wir in enger Zusammenarbeit mit den Fahrern von BORA-hansgrohe entwickelt haben, ist an den Seiten, durch den Einsatz unserer Hardcord Technologie, bestehend aus Cordura®, extra verstärkt. Diese deutlich robusteren und abriebfesten Seitenpanele schützen die bei Asphalt- oder Schotterkontakt besonders gefährdeten Oberschenkel und können, unseren Untersuchungen nach, Stürzen bis zu einer Geschwindigkeit von 45 km/h standhalten.

Was sollte man beim Kauf einer Bib oder Bibshort unbedingt beachten? Was ist der wichtigste Aspekt?

Ganz klar der Komfort! Wenn der Komfort und das Wohlbefinden nicht passen, helfen weitere interessante und innovative Features relativ wenig. Ergänzend sei aber noch erwähnt, dass hierbei zu beachten ist, dass sich für manche Radfahrer eine neue Hose, im Vergleich zur in die Jahre gekommenen alten Radhose, erstmal natürlich anders und ungewohnt anfühlt. Da sollte man dann den ersten Eindruck etwas wirken lassen, um den Unterschied zwischen “ungewohnt, aber angenehm” und “ungewohnt unangenehm” herauszufinden.

Wie sollte man die Bibs und Bibshorts pflegen, damit man möglichst lange etwas davon hat?

Waschanleitung des Produkts lesen und die Hose zum Waschen am besten in ein Waschsäckchen/Beutel geben. Regelmäßig mit einem Flüssigwaschmittel, idealerweise nach jeder Ausfahrt, per Hand oder in der Maschine bei maximal 40°C waschen. Bitte keine sonstigen Zusätze wie Weichspüler, etc. oder Waschpulver verwenden. Sollte dies bei mehrtägigen Touren, aufgrund fehlender Waschmaschine nur eingeschränkt möglich sein, sollte man die Radhose zumindest täglich kurz auswaschen, so gut es eben geht. Zum Trocknen nicht in den Wäschetrockner geben und nicht über eine längere Zeit in die pralle Sonne hängen, sondern am besten mit dem Polster nach außen, schattig und bei einem lauen Lüftchen trocknen lassen.

Welche Innovationen sind bei Sportful in diese Richtung geplant?

In erster Linie versuchen wir weiter die Vereinbarkeit der spezifischen Ansprüche an unsere Hosen weiterzuentwickeln und zu verbessern. Dies läuft immer parallel zu Designentwicklung und dem damit verbundenen Aufgreifen neuer Trends und gegebenenfalls auch neuer Einsatzbereiche, die wiederum einen neuen, zum Teil progressiveren Ansatz erfordern. Und wir prüfen immer wieder ob sich neue, sich positiv entwickelte und erfolgreiche Technologien und Innovationen in bestimmten Bereichen, auch auf Hosen aus anderen Segmenten übertragen lassen. Speziell in einem unserer wichtigsten Segmente der letzten fünf Jahre bei Sportful, unserer Gravelkollektion Dirty Roads (Giara und Supergiara), ist hier, auch und gerade im Hosenbereich, sehr viel Bewegung drin.