Es ist wieder soweit: Der alljährliche Höhepunkt der Radsportsaison steht vor der Tür. Am 26. Juni beginnt in Brest die 108. Austragung der Tour de France. Bis zur Zieleinfahrt in Paris muss das Peloton in diesem Jahr 3383 Kilometer zurücklegen. Wir haben für euch die wichtigsten Infos zusammengefasst.

Fotos & Grafik: Le Tour de France Presse

Schon jetzt steht fest: Bei der diesjährige Tour de France gibt es jede Menge Höhepunkte. Nach dem Start am 26. Juni und einem Ritt durch die Bretagne geht die Reise in die Alpen. Hier müssen die Fahrer die ersten langen Bergetappen bewältigen, die das Gesamtklassement nach den hektischen ersten Tagen möglicherweise schon ein wenig in Richtung der Favoriten verändern könnten. Definitives Highlight wird hier die 9. Etappe mit der Bergankunft auf der Skistation in Tignes sein, die 2019 wegen eines Unwetters nicht wie geplant angefahren werden konnte. Wenn in diesem Jahr nichts dazwischen kommt, dann können wir mit einer spektakulären Zieleinfahrt auf 2.107 Meter rechnen.

Die spannendsten Etappen

Auf der fünften Etappe sind die Zeit- und Klassementfahrer das erste Mal gefragt. Auf der 27,2 Kilometer langen Strecke von Changé nach Laval Espace Mayenne könnte die Gesamtwertung erste Formen annehmen. Einen Rückstand werden hier womöglich die Bergfahrer verbuchen müssen.

Gleich drei kurze, aber verdammt steile Anstiege warten am 3. Juli, bei der 8. Etappe, auf die Fahrer. Insgesamt fünf Bergwertungen sind hier zu zu absolvieren. Dementsprechend gilt dieses Teilstück auch als die erste wirkliche Bergetappe der Tour de France 2021. Der Mont-Saxonnex, der Col du Romme und der Col de la Colombière stehen im letzten Renndrittel auf dem Programm. Addiert ergeben die Berge eine durchschnittliche Steigung von über 8 Prozent auf 20 Kilometern. Die ersten Podiums-Träume könnten auf dieser Etappe platzen.

Gleich am Tag darauf, auf der 9. Etappe von Cluses nach Tignes, gibt es weitere fünf Bergwertungen. 4. Juli, Etappe #9: Cluses – Tignes. Bereits vor zwei Jahren fiel hier die Entscheidung: Egan Bernal gewann die verkürzte Etappe und nahm Julian Alaphilippe am Ende das Gelbe Trikot ab. Und auch diesmal wird die Etappe nach Tignes eine wichtige sein: Mit lediglich 144,9 Kilometern Länge zählt das Teilstück zu den kürzeren, aber womöglich spannenden Rennen. Besonders der Schlussanstieg hat es aufgrund der Länge in sich.

Das große Highlight wird die 11. Etappe, wenn gleich zweimal der berühmt-berüchtigte Mont Ventoux überquert wird. Zunächst über das Örtchen Sault und damit die „leichtere“ Seite, anschließend wird der baumlose Gipfel über die bekanntere Strecke und die Ortschaft Bédoin erklettert. Der 1910 Meter hohe Berg, der im oberen Teil einer Mondlandschaft gleicht, hat durch den Tod von Tom Simpson 1967 traurige Berühmtheit erlangt.

Am 11. Juli geht es in Etappe 15 von Céret nach Andorre-la-Vieille. Hier gilt es, den Col de Beixalis mit 6,4 Kilometer Länge und einer Durschnittssteigung 8,5 Prozent zu meistern. Ein spannender Tag für die Bergspezialisten.

Die Königsetappe der Tour de France 2021 findet am 14. Juli statt. Muret – Saint-Lary-Soulan Col du Portet steht am französischen Nationalfeiertag auf dem Programm. Diese 17. Etappe könnte für die meisten Fahrer eine harte Angelegenheit werden, insbesondere das Ende. Denn der Der Col du Portet ist mit 16 Kilometern nicht nur wahnsinnig lang, sondern mit seiner durchschnittlichen Steigung von 8,7 Prozent auch gut steil.

Der 15 Juli steht ganz im Zeichen der Bergziegen. Auf dieser 18. Etappe von Pau nach Luz Ardiden geht es im zweiten Teilstück auf den berüchtigten Col du Tourmalet. Dieser Berg wie gemacht für gewagte und heftige Attacken. Denn nach der langen Abfahrt geht es direkt hinauf nach Luz Ardiden.

Entscheidet wieder ein Zeitfahren die Tour? Diese Frage wird sich am 17. Juli, auch Etappe 20 stellen. Sollte in der Gesamtwertung bis zu diesem Zeitpunkt noch keine Entscheidung gefallen sein, dann könnte dies auf dem 30,8 Kilometer langen Flachstück passieren. Im letzten Jahr zog Tedej Pogacar auf den letzten Metern an Favorit Primoz Roglic vorbei. Schon jetzt eine legendäre Szenen in den Geschichte der Tour.

Die deutschen Fahrer

In diesem Jahr werden lediglich sechs deutsche Fahrer an den Start gehen. Tony Martin (Team Jumbo Visma), Nils Politt und Emanuel Buchmann (Team Bora-Hansgrohe), Roger Kluge (Team Lotto Soudal) und Rick Zabel (Israel StartUp-Nation). Auch Routinier André Greipel (38 Jahre) – immerhin elfmaliger Etappensieger – hat es im Israel-Team tatsächlich nochmals ins Tour-Aufgebot geschafft, nachdem er im Vorjahr eigentlich schon Abschied genommen hatte. Er dürfte es aber schwer haben, in den Sprints noch einmal zu gewinnen.

Tour-Veteran und Klassiker-Spezialist Marcus Burghardt, sowie sein Team-Kollege Pascal Ackermann sind nicht mit dabei. Ackermann reagiert auf die Absage von Rennstall-Leitung Ralph Denk mit harscher Kritik. „Ich bin mehr als enttäuscht, muss ich sagen. Ralph war immer ein Mann, der sein Wort gehalten hat. Aber diesmal hat er es definitiv nicht getan“, so Ackermann gegenüber der Tageszeitung „Rheinpfalz“. „Es hieß, dass ich in den drei Jahren die Tour fahre. Und es hieß auch immer, dass ich mir keine Sorgen darum machen soll. Ohne dieses Versprechen hätte ich den Vertrag damals nicht unterschrieben.“

Rein sportlich betrachtet scheint die Entscheidung von Ralph Denk und Bora-Hansgrohe nachvollziehbar zu sein. Schließlich hätte Ackermann in dieser Saison bislang nicht überzeugen können. Fünf Mal fuhr der Deutsche bei Etappen auf Rang drei. Ein Sieg sprang nicht heraus. Teammanager Denk betonte, er nehme Ackermanns Aussagen nicht persönlich: „Ich hätte mir sicherlich andere Headlines zum Frühstück gewünscht“, so Denk, „aber Pascal ist noch jung und ein bisschen übers Ziel hinausgeschossen.“ Ackermanns Vertrag bei Bora-Hansgrohe läuft in diesem aus.

Die Favoriten

Es ist mit einer Neuauflage des slowenischen Duells zwischen Vorjahressieger Tadej Pogacar und dem unglücklichen Zweiten Primoz Roglic zu rechnen. Beide haben sich in dieser Saison bereits stark präsentiert. Die beiden Zeitfahren sollten eigentlich für Roglic sprechen, aber der Vuelta-Sieger hatte im Vorjahr spektakulär den sicher geglaubten Gesamtsieg im Bergzeitfahren nach La Planche des Belles Filles verspielt. Auch Ex-Sieger Geraint Thomas und seine beiden starken Ineos-Teamkollegen Richie Porte (Australien) und Richard Carapaz (Ecuador) könnten eine Rolle spielen. Und die Franzosen hoffen auf Weltmeister Julian Alaphilippe, dem der weniger berglastige Kurs gefallen dürfte. Spannend könnte auf jeden Fall auch die Rückkehr von Chris Froome sein. Seit seinem schlimmen Sturz kurz vor der Tour 2019, als er zahlreiche Knochenbrüche erlitten hatte, ist der Brite nicht mehr annähernd an seine Bestform herangekommen. Beim Team Israel Start-Up Nation will der 36-Jährige seine Erfahrung für Kapitän Michael Woods einbringen. Ursprünglich war die Rollenverteilung andersherum vorgesehen.

Die Tour de France im TV und im Stream

Die ARD ist täglich zur entscheidenden Phase ab ca. 16.00 Uhr auf Sendung. Bis die ARD einsteigt, sind an den Wochentagen zuvor schon Live-Bilder auf One und sportschau.de zu sehen. Dazu überträgt Eurosport die Tour-Etappen.

Die Corona-Auflagen

Aufgrund der Pandemie sind in diesem Jahr  im Start- und Zielbereich maximal 5000 Zuschauer zugelassen und es herrscht Maskenpflicht. Das sind die bis Ende Juni geltenden Regelungen bei Sportveranstaltungen im Freien. Danach kann es entsprechend den Infektionszahlen zu Lockerungen kommen. Ob wie im Vorjahr auch Bergpässe für Fans komplett gesperrt werden, dürfte sich kurzfristig entscheiden. Bei der Teampräsentation am Donnerstag sollen 1000 Besucher im Parc à Chaines erlaubt sein. Die Veranstalter appellieren an die Fans, Masken zu tragen, mindestens zwei Meter Abstand zu den Fahrern zu halten und auf Selfies oder Autogramme zu verzichten. Man gibt sich allerdings zuversichtlich: „Die Situation entwickelt sich erfreulich, alle Ampeln stehen dank unserer Maßnahmen, aber auch dank des Verantwortungsbewusstseins der Bretonen auf grün“, sagte auf einer Pressekonferenz am 18. Juni Stéphane Mulliez, Generaldirektor der regionalen Gesundheitsbehörde ARS.

Im April gab es mit 337 Infektionen in der Bretagne (und mehr als 360 Neuinfektionen landesweit) noch mehr als zehn Mal so viele. Auch der Vergleich zur Tour de France 2020 macht Hoffnung. 58,9 Neuinfizierte pro 100.000 Einwohnern wurden zum Beginn der Tour 2020 in Nizza Ende August im ganzen Land gezählt, bei 112,8 lag diese Marke bei Tour-Ende. Optimistisch stimmt ARS-Direktor Mulliez zudem die Zahl der Impfungen. „51% aller Bretonen sind bislang mit mindestens einer Impfdosis geimpft“, sagte er. Die Bretagne ist damit landesweiter Spitzenreiter.