Dass es im Gravel- und Bikepacking-Bereich auch preiswerte und gute Alternativen zu den großen Marken gibt, beweist die kalifornische Traditionsmarke Marin mit dem Four Corners. Statt auf Leichtbau und Carbon setzen sie auf einen unverwüstlichen Stahlrahmen und robuste Komponenten. Besonders interessant ist der Allrounder auch für Mädels, die einen zuverlässigen und stylischen Weggefährten suchen, ohne dabei zu tief in die Tasche greifen zu müssen.

Als kleiner Mensch scheint man es im Gravel- und Bikepacking-Bereich schwer zu haben. Zumindest dann, wenn man auf der Suche nach einem guten Rad ist, das eine kleine Rahmengeometrie, ein abgesenktes Oberrohr und einen kurzen Reach hat. Wer also gerade Ausschau nach einem hochwertigen All-Terrain Bike für sich selbst (oder seine kleine Freundin) hält, könnte mit dem Marin Four Corners sein Glück finden.

Das Four-Corners von Marin ist ein kostengünstiges vielseitiges Bikepacking- und Gravelbike mit einem Stahlrahmen und moderner Ausstattung. Was sofort ins Auge sticht, ist die erhöhte Lenker-Positionierung und das abgeschrägte Oberrohr. Dies soll für mehr Sicherheit und Komfort sorgen. Marins All-Terrain Muli gibt es in fünf unterschiedlichen Rahmen- und Reifen-Größen.

Die Reifengröße wächst mit der Rahmengröße: XS und S kommen mit 650b-Laufrädern, also 27,5 Zoll, ab Größe M gibt es 28 Zoll, jeweils mit 42 mm breiten „Resolute“-Reifen von WTB. Dadurch bietet das Four-Corners eine Kompatibilität für Körpergrößen von 1,50 bis 1.95 Meter.

Die von uns getestete Version kommt mit dem robusten Shimano-Sora-Antrieb mit 3 x 9 Gängen, und mechanischen Tektro-Scheibenbremsen. Der klassische Stahlrahmen aus Columbus-Thron-Rohren (hitzebehandeltes 4130-CroMoly-Stahl) bietet jede Menge Montage-Möglichkeiten für weitere Flaschenhalter, Schutzbleche oder Gepäckträger.

Die Rahmen-Geometrie von Marins Abenteuer-Muli ist auf Komfort ausgelegt. Die Erhöhung sorgt für eine raufrechte Sitzposition, natürlich zum Nachteil des Luftwiderstands. Dies sorgt aber für gute Übersicht im Verkehr, und ermüdungsfreies Fahren auf langen Reisen. Vor allem das leicht abgeschrägte Oberrohr ermöglicht ein komfortables Auf- und Absteigen, insbesondere für kleinere Menschen. Wer eine Körpergröße von unter 1,70 Meter hat und schon mal von einem vollbepackten Bikepacking-Rad absteigen musste, weiß genau was wir hier meinen.

Auch beim Thema Reifenfreiheit bietet das Four-Corners viel Flexibilität. So können bis zu 45 mm breiten 28er-Pneus und sogar 29-Zöller mit zwei Zoll Breite verbaut werden. Die verbauten 42-mm-WTB-Schlappen sind zwar etwas schwer, laufen aber mit höherem Luftdruck gut auf Asphalt. Wer mehr im Gelände unterwegs ist, lässt einfach ein bisschen Luft aus den Reifen. Grip und Rollwiderstand sind auch auf Schotter und im Matsch formidabel. Die Laufräder sind allerdings leider nicht Tubeless-Ready. Wer ohne Schlauch fahren will, müsste also umrüsten.

Natürlich ist die Sora-Schaltung im Vergleich zu hochpreisigen Komponenten deutlich zäher in den Schaltvorgängen. Die Präzision ist aber erstaunlich gut, sowohl im Gelände als auch auf der Straße. Die mechanischen Tektro-Scheibenbremsen mit hydraulischen Discs von Top-Modellen zu vergleichen, macht keinen Sinn. Dies ist bei einem Preis von unter 1000 Euro aber auch gar nicht notwendig. Im Test empfanden wir das Bremsverhalten als zuverlässig und gut, auch wenn bei höherer Geschwindigkeit der Bremsweg ein bisschen zögerlicher und somit länger wurde.

Das Marin Four Corners ist ein schier unverwüstliches Alltags- und Langstrecken-Rad für fast jedes Gelände mit einem unschlagbaren Preis von unter 1000 Euro (ohne Flaschenhalter). Dass Marin auf jede Menge Erfahrung in Bezug auf Rahmenbau und Robustheit zurückblicken können, macht sich beim Four-Corners bemerkbar. Nichts scheppert, wackelt oder wirkt zusammengepfuscht. Besonders gut gefallen hat uns die Rahmengeometrie und hochwertige Verarbeitung. Die Schweißnähte sind teilweise sogar sauberer als bei hochpreisigen Rädern. Das ausgewogene und robuste Setup, die Flexibilität und der nicht zuletzt zu erwähnende stylische Look, machen das Four-Corners zu einem verdammt guten Gravel- und Bikepacking Rad, das nicht nur für Einsteiger interessant ist. Vor allem aber ist es der Beweis dafür, dass es nicht gleich ein 3000 Euro Bike sein muss, um im Gelände Spaß zu haben. Das größte Lob gibt von uns für die Größen-Variabilität. Gute und günstige Gravelbikes, die auch für Mädels geeignet sind, findet man auf dem Markt nur schwer. Warum das so ist, wissen wir nicht – aber es wäre an der Zeit, dies endlich zu ändern.

In eigener Sache:

Dass man im Jahr 2020 kaum Räder findet, die für kleine Personen oder zierliche Frauen konzipiert sind, ist ein Armutszeugnis für die gesamte Radbranche. Der Verfasser dieser Rezension hat geschlagene vier Monate damit zugebracht, ein passendes Gravelbike für seine Freundin zu finden, das den drei Anforderungen Budget, Qualität und Größe entsprach.