In den Wäldern unweit von St. Petersburg findet jährlich ein Gravel-Rennen statt, das in dieser Form wohl einzigartig sein dürfte: Beim „Reverse Side of the Road“ dreht sich an drei wilden Tage alles um Bike- und Outdoorkultur, Party und einen knallharten 124 Kilometer Parcours. Kein Ort für Zartbesaitete.

Fotos: Alexey Ivantsov Video: Denis Shchepinov

Matsch, Mücken und ein Wald inmitten der russischen Pampa. Angetrieben von der Leidenschaft und dem brennendem Idealismus für Radkultur, haben die Veranstalter Sacha Bochkov und Dima Shevchenko das „Reverse Side of the Road“-Festival in der Nähe von St Petersburg ins Leben gerufen – das wohl wildeste Gravel-Rennen der nördlichen Hemisphäre. Die Fakten: Zeltplatz-Party mitten im Wald, Nacktbaden im Natursee, Sauna, Djs, DIY-Teilemarkt, Selbstgebrannter bis zum Abwinken und 124 gnadenlose Gravel-Kilometer.

All das könnte auf so manchen europäischen Rise-and-Shine Roadie wie ein aberwitziger Wahnsinnsritt wirken, der schon beim Anblick der Fotos Angst macht. Denn anders als bei herkömmlichen Radsportveranstaltungen, erweckt das „Reverse Side of the Road“ Assoziationen zu einem Zombie im Flanellhemd, der breitgrinsend allen Zweiflern ein bierfahniges „Let´s Ride, Motherfuckers!“ entgegenkeift. Zugegeben: diese Metapher ist seltsam. Doch wer hier im Peloton durchs russische Gemüsebeet tackern will, muss sich auf einiges gefasst machen. Es ist feucht und kalt, alles riecht nach Lagerfeuer und der Schwellenwert ist bereits am Morgen beim Kriechen aus dem Schlafsack erreicht. Die Kompfortzone – hier wird sie mit dem Vorschlaghammer zertrümmert. Nutrition? Wer hier teilnimmt kann die Powerbar-Riegel am besten zusammen mit der Rapha-Bib ins Feuer werfen. Vergesst rasierte Beine, Watt-Messer und Sockenlänge – hier wird Radsport in seiner pursten, unverschämtesten und authentischsten zelebriert. Glaubt ihr nicht? Dann schaut euch das Video an!

„Das Reverse Side of the Road ist kein Rennen im herkömmlichen Sinn – es ist noch nichtmal ein richtiger Wettkampf“, schreiben die Veranstalter auf der in russisch gehaltenen Webseite. Es ist vielmehr ein kleines dreitägiges Camp am See unter Gleichgesinnten, mit gemeinsamen Abenden am Lagerfeuer, frischer Luft und einer guten gemeinsamen Zeit. Ein unvergessliches Erlebnis“.

Der Hauptteil der Gravel-Strecke befindet sich im Wald. Der Schwierigkeitsgrad der einzelnen Segmente hängt stark vom Niederschlag ab. Es gibt Schotter, Asphalt und Sand-Abschnitte, aber auch kleine Furten und sogar Pavé-Sektoren. Das Zeitlimit der bisherigen Veranstaltungen lag bei 8 Stunden Gesamtzeit. Das offizielle Reglement schreibt Räder ohne Dämpfer vor und empfiehlt eine Reifenbreite von 40mm. Im Video kann man sehen, dass es scheinbar unterschiedliche Wertungen für Räder gibt: Gravel, SSP, Fixed. Wer keinen Bock darauf hat, am Rennen teilzunehmen, kann übrigens auch einfach nur eine gute Zeit am Campingplatz haben und die Fahrer anfeuern. Laut Veranstalter ist dies sogar auch erwünscht.

Die genaue Location sowie das Datum für das diesjährige Event sind momentan noch nicht veröffentlicht. Dies liegt natürlich auch mitunter an der Corona-Pandemie. Sollte sich die Lage bis zum Sommer entspannt haben, findet Event voraussichtlich Mitte August statt.

Matsch, Mücken und ein Wald inmitten der russischen Pampa – Glückseligkeit kann so einfach sein!

Weitere Informationen bekommt ihr auf der offiziellen Webseite: Reverse Side of the Road und auf Instagram