Im Juli 2021 haben sich acht abenteuerlustige Bikepacker aus Deutschland und Serbien zusammengeschlossen, um mit Sack, Pack und Rad die monumentalen Gebirgslandschaften West-Serbiens zu durchqueren. Dabei dokumentierten sie ihre Reise und beeindrucken nun mit jeder Menge starkem Foto- und Filmmaterial. Unter dem Namen „Serbia Upside Down“ wollen sie jetzt ihr Land mit einer eigenen Event-Serie promoten – und bieten in diesem Jahr ein eine eigene Veranstaltung an.
Text: Max Marquardt / Reisebericht: Predrag Spasojevic / Fotos: Katarina Novaković
Tag 3: Zlatibor – Uvac
Auch in diesem Jahr war die Berghütte Tornik für uns ein wahres Paradies. Am Abend konnten wir endlich unsere Fahrradklamotten waschen, was die Moral am nächsten Morgen erheblich hob – schließlich gibt es nichts besseres als sich frische Sache für eine lange Tour anzuziehen. Das Frühstück war eine absolute Kohlenhydratbombe! Burek, das Balkan-Leibgericht von Lael Wilcox. Es ist ein knuspriger, fettiger Kuchen, der normalerweise aus weißem Käse oder Hackfleisch hergestellt wird. Sollte man unbedingt mal probieren. Kurz nach den üblichen Checken von Umwerfern und Bremsbelägen, waren wir für die dritte Etappe mit 82 km und 1820 Höhenmetern startbereit.
Nach einem holprigen (und feuchten) Gravel-Segment legten wir eine kurze Rast am Zlatarsko jezero ein, einem recht pittoresken See. An dessen steil abfallenden aber menschenleeren Strand, konnten wir nicht anders als spontan die Pause etwas zu verlängern und ins Kühle Nass zu springen. Darum geht es doch auch beim Bikepacking: Wen interessieren schon Zeitpläne, organisierte Mittagspausen und Durchschnittsgeschwindigkeiten?
Nach unserer Pause am See folgten wir einen steilen Anstieg mit dutzenden von Serpentinen. Am Kamm angekommen, genossen wir eine grandiose Aussicht, bevor es auf einem richtig geilen Downhill-Segment bergab ging.
Bei der Abfahrt passierten wir noch die Uvac, ein internationaler grenzüberschreitender Fluss, der unter dem Berg Golija entspringt. Der Fluss ist dafür bekannt, dass er von tiefen Tälern umgeben ist. Er schlängelt sich durch Westserbien und zeichnet sich vor allem durch seine wildromantischen Auen und Schluchten aus.
Den Abend ließen wir in einem typisch serbischen Cottage mit jeder Menge regionaler Köstlichkeiten ausklingen. Dies war unser dritter Abend und unsere kleine Truppe wuchs immer besser zusammen.
Tag 4: Uvac – Međurečje
Der nächste Tag stand ganz im Zeichen von jeder Menge Höhenmeter. Nachdem wir den Uvac-Damm passiert hatten, ging es erneut ins Gebirge, genauer genommen in Richtung des Berges Javor. Auf rötlich-ockerfarbenen Ziehwegen ging es bergauf, mal schneller, mal langsamer. Mühsam und anstrengend war es aber die ganze Zeit, insbesondere, weil wir zwei kleinere Pannen und einen Sturz (der zum Glück glimpflich ausging) zu verbuchen hatten. Als wir nach einiger Zeit bemerkten, wie dehydriert und erschöpft wir waren, entschlossen wir uns auf einer Hochebene für eine etwas längere Pause. Unser Begleiter Pavle kümmerte sich in der Pause um alle und holte in einem Nachbardorf vegetarische Pizza für die Deutschen und Cevapcici für die Locals. Wir brauchten über eine Stunde, um wieder halbwegs fit für den Rest der Etappe zu werden.
Nachdem wir wieder genug Kraft getankt hatten, ging es an den finalen Anstieg des Javor, dessen Gipfel auf 1.215 Metern über dem Meeresspiegel liegt. Zwar zog sich die Kletterei auf einem Durchschnitt von 4 Prozent unglaublich lange, die majestätische Aussicht und die fast 30 Kilometer lange Abfahrt machten das locker wieder wett.
Bei Einbruch der Dunkelheit erreichten wir unser Ziel. Pavle begrüßte uns in seinem Haus, wo er ein köstliches Festmahl für alle zubereitet hatte. Die Hälfte der Crew baute ihre Zelte im Hinterhof auf, da nicht alle in Pavles Haus passten. Wir waren heilfroh, dass wir unsere vor Ort unsere Räder waschen konnten. Das würde nämlich bedeuten, am letzten Tag unserer Reise von weniger Störgeräuschen begleitet zu werden.
Wir hatten das Gefühl, dass diese vierte Etappe inzwischen ihren Tribut forderte. Alle waren schon um 22 Uhr im Bett. Nicht einmal ein Bier? Die meisten begnügten sich mit eine Dose Cola und Magnesiumtabletten. Die Nacht brachte allerdings nicht die erhoffte Erholung: Ein schweres Gewitter hielt vor allem die Zeltschläfer auf Trab.
Tag 5: Međurečje – Kopaonik
Trotz des Gewitters und relativ wenig Schlaf, war am nächsten Morgen alle euphorisch. Dies lag wohl auch mitunter daran, dass es der letzte Tag der Tour war. Diesmal wollten wir etwas früher als sonst starten, aber eine kaputte Hinterbremse und ein explodierter Tubeless-Reifen machte dieses Vorhaben schnell wieder zunichte. Glücklicherweise beruhigte ein herzhaftes Frühstück und jede Menge Tassen Kaffee die Gemüter und wir rollten vergnügt los.
Mit ein paar Stunden hinter dem Zeitplan erreichten wir den Fuß des Golija, unserem letzten Berg für die Tour. Leider war die Straße nach oben frisch asphaltiert, weshalb wir uns kurzerhand für eine alternative Route entschieden, die uns unterwegs kein geringerer als der Ex-Pro-MTB-Fahrer Vladimir vorgeschlagen hatte.
Wir erreichten gemeinsam den Gipfel des Golija-Berges und den höchsten Punkt der gesamten Tour, der auf 1.748 Metern (5.735 Fuß) liegt. Serbien ist nicht für extrem hohe Berggipfel bekannt, aber ein Aufstieg von Pavles Hütte in 450 Metern Höhe auf 1.748 m in einem Rutsch war schon etwas Besonderes. Vladimir setzte seine Tour fort und wir machten eine kurze Pause, nur um den Herzschlag zu stabilisieren und die frische Bergluft tief einzuatmen
Serbien ist nicht gerade für extrem hohe Gipfel oder Passstraßen gekannt, aber der Aufstieg zum Golija, der auf insgesamt 1.748 Meter liegt, ist durchaus etwas Besonderes. Einerseits landschaftlich, andererseits, weil direkt darauf der Anstieg auf den Kopaonik folgt, Serbiens höchst gelegenes Ski-Ressort auf 2.017 Metern. Nach einer herrlichen, fast 30 Kilometer langen Abfahrt in die Kleinstadt Raska, bogen wir auf eine relativ unbefahrene Straße ab, die uns zu dem letzten Gipfel des Tages und somit des gesamten Bikepacking-Abenteuers führen sollte.
Der Anstieg war unglaublich kräftezehrend. Eigentlich war der Trail auch eher etwas für Mountainbikes, aber alle Teilnehmer bissen sich tapfer bis zum Gipfel durch. Und dann waren wir plötzlich am letzten Reiseziel angekommen. Nur wir, der wunderbare Klang der Stille und eine sagenhafte Aussicht auf die uns umgebende Gebirgslandschaft.
Bei einem köstlichen Abendessen und unzähligen Runden serbischem Schwarzgebranntem (šljivovica) analysierten wir bis spät in die Nacht jede Route, die wir zurückgelegt hatten. Wir zählten die Kilometer, erzählten uns Anekdoten, schwelgten in Erinnerungen und schmiedeten Pläne für das nächste Jahr.