Knapp 12.000 Kilometer von Deutschland entfernt, tritt ein junger Typ, der auf Instagram unter dem Namen Elesan.cc bekannt ist in die Pedale. Stets dabei hat er seine Kamera und überrascht seine Social-Media-Gefolgschaft mit beeindruckenden Schnappschüssen aus seiner indonesischen Heimat Lombok. Wir haben mit dem Fotografen und leidenschaftlichen Radfahrer gesprochen.

Interview: Klaus Spranger, Fotos: Elesan.cc

CLEAT: Auf Instagram kennen dich einige bereits unter dem Namen „elesan.cc“. Auch uns haben deine Fotos sofort in ihren Bann gezogen: sanfte Hügel, tiefe Dschungel, mythische Orte, traumhafte Strände – und inmitten dieser wunderbaren Szenerie immer wieder ein Gravel- oder Rennrad. Auf Social Media gibst du allerdings recht wenig über dich preis...

Hallo Cleat! Ja, das stimmt. Also, ich heiße Haetam Attamimy und bin der Typ, der hinter Elesan steckt. Ich lebe auf der Insel Lombok in Indonesien, wo ich viel Zeit mit Radfahren und Fotografieren verbringe. Also, eigentlich mache ich fast immer beides gleichzeitig…

Wie bist du zur Fotografie gekommen?

Für den Betrachter ist es ein vollkommen anderes Erlebnis, wenn es ein Fotograf versteht, Geschichten mit seinen Bildern zu erzählen, anstatt einfach nur schöne Bilder zu präsentieren. Es hat nicht lange gedauert, bis ich erkannt habe, dass die Fotografie sehr vielseitig und komplex sein kann, weil es so vieles dabei zu berücksichtigen gibt. Besonders wenn man eben mit seinen Bildern Geschichten erzählen will. Wenn man berücksichtigt, wie sehr uns die Technologie heutzutage unter die Arme greift, sollte das Fotografieren eigentlich nicht allzu schwer sein. Doch das ist ein Trugschluss. Es kann trotz des technischen Fortschritts immer noch vieles schiefgehen und genau das ist es, was mir am Fotografieren so gefällt. Umso größer die Herausforderung, desto erfüllender das Resultat.

„Ich war immer schon fasziniert von Lichtern und Kompositionen. Doch das Erzählen von Geschichten reizt mich am meisten“

Was war zuerst da: die Fotografie oder das Radfahren? Und: Wie bist du dazu gekommen, beides miteinander verbinden?

Zuerst kam das Rad, allerdings fällt es mir schwer, beides voneinander zu trennen. So kitschig es auch klingen mag, die Fotografie wandelte sich von einer schlichten Leidenschaft zu einem bedeutsamen Teil meines Lebens. Lombok hat so viel zu bieten und seit ich die Insel mit dem Rad erkunde, entdecke immer etwas Neues. Als eine von 18.000 Inseln Indonesiens, ist Lombok nur ein winziger Teil des Landes. Auf dem Fahrrad fühlt sie sich jedoch riesig an, eben weil es so viel zu entdecken gibt. Hinter jeder Ecke findet man kleine Details, die erkundet werden wollen. Ich möchte das, was ich sehe und erlebe, mit anderen teilen. Ich war immer schon fasziniert von Lichtern und Kompositionen. Doch das Erzählen von Geschichten reizt mich am meisten. Ich habe mir das Fotografieren selbst beigebracht. Irgendwann habe ich angefangen, Leute um Rat zu fragen und mir viele Videos über die technischen Aspekte der Fotografie anzusehen – einfach um besser zu werden. Zu lernen, wie man vom Rad aus fotografiert war am Anfang echt schwierig..

Wie würdest du selbst deinen Stil beschreiben?

Es ging mir nie darum, mich als Fotograf oder Radfahrer zu präsentieren. Vielmehr möchte ich den Menschen die Geschichten erzählen, die Lombok zu so einem faszinierenden Ort machen. Wann immer ich Fotos auf Instagram poste, gebe ich mein Bestes, die Bilder möglichst unbearbeitet zu zeigen, damit die Leute sehen können, was dahinter steckt.

„Musik und Filme motivieren mich, die Schönheit meiner Umgebung für andere sichtbar zu machen. Die Fotografie gibt mir die Möglichkeit dazu“

Deine Bilder wirken sehr ruhig, strahlen aber zugleich dieses gewisse Fernweh aus. Woher nimmst du die Inspiration für deine Fotografie?

Ich lasse mich von vielerlei Dingen inspirieren, aber hauptsächlich von Filmen und Musik. Mein Interesse an der Fotografie und am Geschichtenerzählen entstand als ich anfing, Filme zu sehen. Seit ich 2007 „Hot Fuzz“ von Edgar Wright gesehen habe, war ich wie besessen. Danach verbrachte ich viel Zeit damit, die faszinierende, atmosphärische Seite von Kinofilmen (hauptsächlich Sci-Fi) von Regisseuren wie John Carpenter oder Alex Garland zu analysieren, die ohne jeden Zweifel unglaublich viel Sorgfalt und Detailverliebtheit in ihre Werke stecken.
In Sachen Musik inspiriert mich, was ich gerne als „Cosmic Sound“ bezeichne. Dieser ermöglicht mir, die Welt aus einer anderen Perspektive zu sehen. Sie ist nostalgisch, weit weg und lässt mich auf die romantischste Art und Weise klein fühlen. Beispiele hierfür finden sich in der Musik von „Boards of Canada“ oder „Jon Hopkins“. Musik und Filme motivieren mich, die Schönheit meiner Umgebung für andere sichtbar zu machen. Die Fotografie gibt mir die Möglichkeit dazu.

Aus europäischer Sicht sind weder Lombok noch Thailand Orte, die man sofort mit dem Radfahren in Verbindung bringt. Deine Fotos beweisen eindrucksvoll das Gegenteil. Aber: Gibt es in Thailand und Indonesien überhaupt sowas wie eine Infrastruktur dafür?

Meiner Meinung nach ist eine Infrastruktur, sei es speziell für Gravel- oder andere Radtouren, eine relative Bezeichnung. Natürlich habe ich nichts gegen den Luxus, nicht allzu weit von Cafés entfernt zu sein, die hervorragenden Espresso servieren, oder die Gewissheit zu haben, dass eine frisch gebackene Pizza am Zielort auf mich wartet. Leider ist das in den meisten Gegenden Lomboks aber nicht der Fall. Viele Landstriche sind unerschlossen, einsam und sehr traditionell. Wenn du an einen Ort wie Lombok reist, brauchst du einen guten Reiseführer, der dich je nach deinen individuellen Vorlieben genau dorthin bringt, wo es dir gefallen könnte.
Wenn man jedoch bedenkt, dass Radfahren und Abenteuer in vielerlei Hinsicht untrennbar miteinander verbunden sind, sollte man sich folgende Frage stellen: Geht es bei Reisen an andere Orte nicht darum, neue Dinge zu erleben, auch wenn es nicht so bequem ist, wie man vielleicht möchte? Vor allem wenn es sich um einen Ort handelt, der auf der anderen Seite des Globus liegt? Ich denke, dass die wichtigsten Dinge ein offener Geist und eine ausgeprägte Abenteuerlust sind. Wenn du dich mit diesem Mindset auf den Weg machst, wirst du viel mehr entdecken, als du dir vorstellen kannst.

Für Lombok und die Region ist das Gravel-Bike wohl am besten geeignet – aber gibt es auch schöne Rennradstrecken?

Auf jeden Fall! Die Straßen auf Lombok sind wirklich fantastisch, weil sie so smooth und angenehm zu befahren sind und man die Umgebung genießen kann, selbst wenn man mit dem härtesten Anstieg kämpft. Vor Kurzem habe ich für Freunde eine Rennradtour auf Lombok geplant und geleitet. Sie waren begeistert.

Erzähl uns etwas über dein Rad: Welches Rad fährst du und welches Setup stellt deinen Favoriten dar?

Ich fahre das Curve Kevin of Steel III, eine Marke, die mir seit Jahren am Herzen liegt, weil die Crew so viel Spaß an der Sache hat und endlose Abenteuer in der ganzen Welt erlebt. Es ist offensichtlich, dass Curve eine der Marken ist, die sich wirklich kümmert und mit Leidenschaft bei der Sache ist.
Ich habe das Interview mit der Curve-Crew gesehen, in dem sie erwähnten, dass ihre Produkte unter echten Bedingungen getestet werden, anstatt in einem Labor mit Stresstest und all dem Firlefanz. Ich denke, dass dieser Praxisbezug sehr wertvoll ist. Das ist auch der Hauptgrund, warum ich mich für Curve entschieden habe. Mein derzeitiges Setup ist eigentlich mein Favorit: 1×11, ausgestattet mit Shimano GRX. Robust genug für meine Fahrweise. Ich bin schon immer mit einem Gravel-Setup gefahren und kann mir nicht vorstellen, jemals auf etwas anderes umzusteigen.

„Wenn man auf scharfes Essen, surfen, Vulkanklettern und Achtsamkeit fernab der Touristenmassen steht, dann ist Lombok der Ort, zu dem man reisen sollte“

Fährst du ausschließlich Gravel-Bike oder schwingst du dich auch mal auf ein anderes Fahrrad?

Mein Gravel-Bike ist aktuell das einzige, das ich besitze. 2011 bin ich mit einem Fixie zum Pendeln gefahren, und das hat wirklich Spaß gemacht. Ich habe darüber nachgedacht, mir in naher Zukunft wieder eines zusammenzustellen, weil Fahrräder mit festem Gang einfach am coolsten sind.

Auf Instagram schreibst du: „Auf der Jagd nach Lomboks unscheinbaren Pfaden, so unbeschwert wie möglich.“ Was macht das Radfahren dort so besonders und was hat die Region, was andere nicht haben?

Meiner Meinung nach ist das Reizvollste an Lombok, dass die Insel so klein ist, wodurch alles in Reichweite ist. Wenn man zum Beispiel einen Wasserfall besichtigt, der für gewöhnlich in der Nähe eines Dschungels liegt, kann man mit dem Fahrrad innerhalb einer Stunde direkt noch an einen Strand fahren. Wenn man auf scharfes Essen, surfen, Vulkanklettern und Entschleunigung fernab der Touristenmassen steht, dann ist Lombok der Ort, zu dem man reisen sollte.

Lass uns noch einmal über deine Fotografie sprechen: Welche Kamera benutzt du?

Da ich noch ganz am Anfang meiner fotografischen Laufbahn stehe, verwende ich derzeit etwas Einfaches und Günstiges: Die Olympus OMD-10 Mark III, die wohl beste spiegellose Kamera, die es gibt. Ich habe die Olympus auch aus sentimentalen Gründen und wegen der einfachen Handhabung gewählt. Außerdem verwende ich das Micro Four Third 17mm f1.8 Objektiv, das derzeit mein Hauptobjektiv ist. Ich habe früher mit einer GoPro fotografiert. Die Bilder wurden auch schön, allerdings eignet die sich hauptsächlich für sonnige Tage.

„Nehmt die Kamera, die ihr dabei habt, und wenn es nur nur ein Smartphone ist.“

Viele unserer Leser fragen sich, welche kleine Kamera am besten für Ausfahrten geeignet ist. Hast du einen Tipp?

Nehmt die Kamera, die ihr dabei habt, und wenn es nur nur ein Smartphone ist. Wenn man eine richtige Kamera anstelle dessen benutzen will, empfehle ich mit etwas Günstigem anzufangen und nicht von Anfang an das Bankkonto für das geilste Zeug des Planeten zu leeren. Steckt stattdessen erstmal Zeit in das Erlernen von Kompositionen, den richtigen Einsatz von Licht, übt den Umgang mit der Kamera und erarbeitet euch eine Erzählweise, die irgendwann euren Stil definiert.

Hast du schon einmal darüber nachgedacht, über die Grenzen deines Landes hinauszuschauen und neue Strecken in anderen Ländern zu entdecken?

Ich träume schon seit langem davon, nach Marokko und Spanien zu reisen. Der Wunsch wurde noch größer, als ich feststellte, dass sich diese beiden Länder perfekt zum Radfahren eignen, vor allem im Gelände. Wenn sich eine solche Gelegenheit ergibt, werde ich sie nicht verstreichen lassen.

Können wir auch in Zukunft Beiträge von dir in den sozialen Medien erwarten und planst du andere Wege, um den Menschen deine beeindruckende Arbeit näher zu bringen, vielleicht sogar mit einem Buch?

Abgesehen vom Fotografieren bin ich gerade dabei, die Routen auf Lombok zu kartieren. Das braucht Zeit, denn ich möchte sie so ordentlich wie möglich anlegen. Was das Buch betrifft: Wer weiß? Es ist auf jeden Fall eine gute Idee und ich würde die Möglichkeit nicht ausschließen, da ich selbst sehr gerne schreibe.

Weitere sehenswerte Fotos von @elesan.cc gibt es auf seinem Instagram-Kanal.