Der US-Amerikaner Lucas Brunelle ist vielen durch seinen Film „Line of Sight“ bekannt. Als Filmemacher leistete der heute 48-jährige Bostoner schon in den späten Neunzigern Pionierarbeit, in dem er Alleycats und die Arbeit der Messenger mit seinen Camcordern portraitierte. Der Filmemacher Terry Barentsen hat Brunelle nun für seinen Youtube-Kanal interviewt. In dem über zweistündigen Gespräch spricht Brunelle über seine Anfänge als Videograph, seine Leidenschaft als Filmemacher und kuriose Zwischenfälle auf seinen Reisen.
Fotos: Eigentum von Lucas Brunelle
Der US-Amerikaner Lucas Brunelle ist in der internationalen Radszene eine polarisierende Gestalt. Die einen feiern ihn als Inspiration, Haudegen, ja sogar Legende. Andere hingegen finden vor allem seine kontroverse und provokante Art, sowie sein waghalsiges Fahrverhalten alles andere als „cool“. Und ob es einem passen mag oder nicht: Brunelles Wirken als Videograf, Filmemacher und ja, auch als Radsportler ist unumstritten Teil der Bike-Szene und für viele Motivation und Inspiration zugleich.
Als Bike-Messenger fing er bereits in den späten 90er Jahren an, Alleycats und waghalsige Verfolgungsjagden durch die Straßenschluchten von Amerikas Großstädten, insbesondere New York, zu filmen. Und weil es bis zu den ersten GoPros noch über eine Dekade dauern würde, bastelte er sich eine pragmatische Lösung, die später zu seinem Markenzeichen werden sollte. Brunelle befestigte zwei Camcordern an seinem Helm und schuf so ein System, mit der er sowohl nach vorne als auch nach hinten filmen konnte. Dadurch entstanden die wohl ersten POV-Videos überhaupt. So filmte er seine tägliche Arbeit als Messenger, wilde Alleycats und seine Radreisen in die entlegensten Orte dieses Planeten. „Ich wollte der Welt zeigen, wie es ist, als (Bike Messenger) durch den Verkehr zu kommen. Und das viele Jahre vor Youtube und Social Media“, so Brunelle im Interview.
2012 veröffentlichte er sein bestens Videomaterial in dem Film „Line of Sight“, der auf internationaler Ebene zahlreiche Preise gewann. Ein brachiales Werk, das durch seine waghalsigen Fahrmanöver und Brunelles unkonventionelle Attitüde (und unkonventionellen Stil) auch heute noch viele inspiriert.
Im Interview mit Terry Barentsen äußerst sich Brunelle auch zu seiner Vergangenheit als Profi-MTB-Fahrer, wo er keinen Geringeren als Chris Carmichael als Trainer hatte. „Bei einem Rennen machte ich mit dem Mountainbike einen fetten Sprung und beim Landen brach die Gabel. Am nächsten Tag stand ein Bergzeitfahren an. Da ich kein zweites Bike dabei hatte, nahm ich am nächsten Tag einfach mein Rennrad für die MTB-Strecke – und war der erste am Ziel. Und dass, obwohl die anderen Fahrer bei Weitem fitter waren als ich. Muss wohl an den dünnen Reifen gelegen haben“, amüsiert sich Brunelle. Nach dieser Aktion sei Chris Carmichael „total aus dem Häuschen“ gewesen, so Brunelle.
Generell müsse beim Radfahren immer die Leidenschaft und der Spaß an der Sache im Vordergrund stehen, nicht die Verbissenheit im Kampf um Leistungswerte und irgendwelche Rennen. „For what?!“, so Brunelle.
Wer sich wirklich auf dem Rad verbessern wolle, müsse vor allem Trainings-Gewohnheiten überdenken. „Das Mentale spielt eine sehr große Rolle“. Jeden Tag dieselben Trainingsrouten auf denselben Bikes zu fahre, führe zu nichts.
„Wenn du jeden Tag dieselbe Route fährst, dann zwingst du dich selbst nicht aus der Komfortzone. Was sagt das also über dich und dein Leben aus? Wie du verschiedenen Lebenssituationen und Probleme meisterst?“.
Man solle stattdessen die Ausfahrten so oft es ginge variieren, so Brunelle. Strava nutze er nicht um Trainings-Ergebnisse zu posten und damit anzugeben. „Ich poste hier nur coole Sachen, schöne Ausfahrten die ich hatte, schöne Fotos“. Er nutze Strava nicht, um sich auf irgendwelche Zahlen „einen runterzuholen“. „Ich bin schon schneller auf irgendwelchen Highways gefahren, wo ich von verrückten Autofahrern bedroht wurde, als auf jedem x-beliebigen Rennen. Warum soll ich damit angeben?“
Als besonderes Schmankerl, zeigt Terry Barentsen dann auch noch „Line of Sight“ und lässt Brunelle die einzelnen Szenen kommentieren. Wir möchten an dieser Stelle nicht mehr verraten, aber es lohnt sich wirklich, sich das gesamte Interview in voller Länge anzusehen. Nehmt euch unbedingt die Zeit!