Mit viel Feingefühl und einem guten Auge für den richtigen Moment, schafft der Fotograf Dominik Kappelmeier Bilderwelten, in denen sich der Betrachter leicht wiederfindet. Felder, Wege, Menschen auf Rädern und abseits davon. Vieles wirkt dabei altvertraut, heimisch, vor allem aber ruhig – fernab schneller Essenzen des täglichen Instagram-Wahnsinns. Die Fotografie ist für den 36-Jährigen Familienvater allerdings nur ein Nebenerwerb, zumindest bisher. Ein Gespräch über Fotografie, Detailverliebtheit und Kameras fürs Radfahren.
Hi Dominik, schön, das du dir Zeit für uns nimmst. Wie bist du zur Fotografie gekommen?
Ich habe schon immer versucht mich kreativ auszuleben. Als kleines Kind war es immer mein größter Wunsch, mal Comiczeichner zu werden. Als Jugendlicher habe ich dann angefangen Basketball zu spielen – und nur dafür gelebt. Mir gefiel der Lifestyle und auch die Musik, die damals auf den ganzen Mixtapes war. An dieser Stelle habe ich dann angefangen nebenbei Musik zu machen. Primär Hip Hop-Beats und Instrumental-Sachen. Auch hier gefiel mir irgendwie der kreative Prozess und dass man am Ende des Tages im besten Fall ein Neues Musikstück hat. Irgendwann bekam ich dann von meinem Vater die erste Digitalkamera und fing an, alles wie wild zu dokumentieren. Musik, Basketball, Momente mit Freunden beim Grillen, meine Familie und so weiter. Diese Leidenschaft hat alle anderen überlebt und ich bin seit dem richtig süchtig was die Fotografie betrifft.
Was war zuerst da: Das Rad oder die Kamera?
Eigentlich das Rad. Ich bin schon immer gerne Rad gefahren und wir waren mit unseren Eltern auch oft in Urlauben mit dem Rad unterwegs und haben auch früh MTBs bekommen. Ein großer Wendepunkt war 2015, als wir uns zu viert entschlossen haben, eine Alpenüberquerung mit dem MTB zu machen. Da waren wir krass im Fahrrad-Fieber.
Nach unserer Tour ist das leider irgendwie wieder etwas abgeflacht und erst mit dem Kauf meines Gravel-Bikes 2018 wieder mehr geworden.
Welche Fotografen haben dich am meisten inspiriert und warum?
Aktuell inspirieren mich vor allem Fotografen der alten Schule wie Elliot Erwitt, Alex Webb, Joel Meyerowitz oder Robert Frank. Aber natürlich auch aktuelle Fotografen, deren Arbeit man auf Instagram und in den anderen Sozialen Netzwerken verfolgen kann. Zu nennen wären da, Alex Strohl, Joe Greer, Julia Nimke, diverse unbekanntere Fotografen, aber auch Fotografen aus dem Radbereich wie Jered Gruber oder Sami Sauri.
Beim „warum“ wird’s interessant. Irgendwie ist die Fotografie wie ein großer Prozess und man entwickelt sich ständig weiter. Ich denke, am Anfang geht man den schnellsten Weg und schaut, was so auf Instagram los ist und macht es nach. Die genannten Künstler haben es geschafft ihren eigenen Stil zu kreieren und ich denke das ist es, was jeder am Ende will: Einen eigenen, unverkennbaren Stil. Das inspiriert ungemein und treibt mich an, weiter zu machen.
Deine Bilder strahlen eine gewisse altvertraute Ruhe aus, die viele Radfahrer nachvollziehen können. Als Betrachter „fühlt“ man manche Situationen, die du visuell darstellst. Ist dies reiner Zufall oder meine Interpretation oder tatsächliche Absicht?
Freut mich sehr, dass das nach außen so ankommt. Ich glaube es ist wohl eine Mischung aus Zufall und Absicht. Ich versuche immer mehr den realen Moment zu erwischen, anstatt das Model posen zu lassen oder konkret anzuleiten. Wenn ich aber einen Auftrag fotografiere, ist natürlich in Summe der Fotos mehr gestellt und nicht wirklich immer 100 Prozent nur dokumentiert. Ich habe hier aber einen guten Trick: Ich beobachte erst mal viel und stelle dann Szenen möglichst „ungestellt“ nach.
Gelingt dir das dann auch?
Mal mehr, mal weniger (lacht)
Beim Betrachten deiner Fotos überkommt mich meistens ein Gefühl von „schöne, heile (alte) Welt“. Alles wirkt unglaublich friedlich und sanft. Man kann förmlich in die Szenen eintauchen, hört das Surren der Laufräder, das Plätschern des Wassers, das Rascheln der Blätter im Wind – aber ansonsten ist es still und ruhig. Ein bewusster Stil konträr zu all den schnellen Essenzen, Inszenierungen und „Action-Shots“, denen wir tagtäglich in den Medien ausgesetzt sind?
Auch hier nochmals vielen Dank. Freut mich wirklich total wenn das so ankommt. Es ist tatsächlich so, dass ich eher leise und ab und an mit einem Augenzwinkern über die Bilder kommunizieren möchte und nicht so laut in your face. Ich habe eine lange Zeit, wie viele andere auch, versucht INSTABANGER zu fotografieren und möglichst eben mit dem einen Bild möglichst viel zu „sagen“. Jetzt denke ich eher in kleinen Geschichten beziehungsweise Bildreihen. Seitdem mein Kleiner auf die Welt gekommen ist, hat sich auch das Thema des richtig Dokumentierens nochmal mehr eingebrannt. Weil es eben doch oft die kleinen Momente im Alltag sind, die einem oft am meisten bedeuten.
Stichwort Social Media: Mit über 5000 Followern auf Instagram, scheinst du das Game halbwegs verstanden zu haben. Dennoch inszenierst du dich nicht auf deinem Kanal. Wie stehst du als Medienmensch zu Social Media, insbesondere im Foto- und Radbereich?
Das ist eine sehr gute Frage, da sich ja gerade für Fotografen die Social Media Welt etwas abwendet und dir sagt, dass du jetzt auch gefälligst Videos von deinen Bildern machen musst, damit man weiterhin eine Reichweite hat. (Lacht) Ich finde das Thema Video mega spannend und würde da auch gerne mehr einsteigen, aber halt nicht weil mir eine App sagt, dass ich das tun muss. Natürlich geht es immer um Zahlen und man freut sich über Likes, Kommentare und eine große Reichweite, das war aber nie mein Antrieb und soll es auch künftig nicht werden. Auch wenn mein Account dadurch irgendwann keine Masse mehr trifft, dann ist das halt so. Ich werde es weiterhin lieben zu fotografieren, dokumentieren und Momente zu sammeln.
Wie gehst du vor, wenn du fotografierst? Überlegst du dir vorher eine gewisse Situation und komponierst dann das Foto oder sind die meisten Bilder von Dir durch Schnappschüsse oder kurzfristige Ideen entstanden?
Das kommt ganz auf die Situation drauf an. Wenn ich Aufträge fotografiere mache ich mir vorher schon Gedanken wie ich ein Produkt oder Model möglichst gut in Szene setzen kann. Ich mache mir hier meistens ein Moodboard, in dem ich eine gewisse Stimmung kreieren will, so dass das Model weiß wo es hingeht. Ab und an auch mal eine gute Pose, aber da baue ich wie oben schon erwähnt eher auf meine „nicht gestellte gestellte Foto“ Technik. Beim fotografieren auf der Straße geht´s ja meistens um den perfekten Schnappschuss, den wirklichen, echten und ungestellten Moment. Das ist eine mega Abwechslung zu den anderen Fotoshootings. Du machst im Prinzip das Gleiche, also fotografieren, hast aber einen komplett anderen Ansatz. Das ist für mich das Tolle an der Fotografie, sie bietet eine enorme Vielfalt obwohl man immer mit dem gleichen Tool den Moment festhält.
Du fotografierst auch analog, also auf 35mm Farbfilm. Wie ist es dazu gekommen?
Mir hat schon immer dieser „Film Look“ gefallen. Vor ungefähr zehn Jahren, als die Lomography in den Markt rückte habe ich mir dann gedacht, ich probiere das jetzt mal. Ich habe mir dann eine Lomo Holga für 120er Mittelformat Film gekauft und überhaupt keinen Plan gehabt, wie ich alles einstellen muss. Ebenso hatte ich mich zu diesem Zeitpunkt noch nicht wirklich mit der technischen Seite der Fotografie befasst. Sprich Blende, Verschlusszeiten und ISO hatte man zwar schon mal gehört aber was da jetzt genau was macht, war mir nicht klar. Dementsprechend sahen meine ersten Ergebnisse dann auch aus. (lacht) Ich hab das Ganze dann eine Zeit ruhen lassen und mich weiterhin der digitalen Welt gewidmet.
Als ich dann aber eine alte Olympus XA 35mm von meinem Opa gefunden habe, dacht ich mir ich probiere es nochmal. Inzwischen bin ich richtig süchtig und meine Analogsammlung ist größer als die digitale. Ich hab mich jetzt auch wieder an 120er Film gewagt und bekomme die nächsten Tage die ersten Scans. Mal schauen wie lange man sich das jedoch noch leisten kann, da die Preise für Filme auch gerade gefühlt täglich steigen. Wäre aber schön wenn es weiterhin machbar ist, da der Prozess des Fotografierens einfach unglaublich Spaß macht. Nicht gleich zu wissen was man gemacht hat und dann noch diese wunderbaren Film Farben machen das analoge Fotografieren einfach besonders.
Entwickelst du auch selbst?
Leider nicht. Ich habe darüber schon oft nachgedacht, aber mir fehlt aktuell einfach die Zeit. Ich lasse alles entwickeln und auch meistens scannen. Shoutout an ONFILMLAB aus Frankfurt!
Welcher Farbfilm ist dein Favorit und warum?
Ich hab hier leider keinen Geheimtipp. Ist wohl wie bei den Meisten die Portra-Reihe. 400/800/160 in dieser Reihenfolge. Man bekommt hier einfach die „ehrlichsten“ Ergebnisse. Die Farben sind leicht entsättigt und trotzdem schön warm. Gerade Hauttöne kommen einfach wunderbar raus. Wobei ich auch wirklich gerne den Kodak Gold 200 nehme. Gerade für Landschaftsaufnahmen im Sommer sind die satten Farben oft super schön.
Du lebst und arbeitest in der Hallertau, eine Region, die besonders für den Hopfenanbau (und natürlich jede Menge Brauereien) berühmt ist. Wie ist es dort eigentlich zum Radfahren?
Es ist sehr schön und ich kann es nur jedem empfehlen mal hier zu fahren. Gerade im Sommer wenn der Hopfen oben ist. Traumhaft! Es gibt coole Trails im Wald für Mountainbiker, endlose Gravel-Passagen und wunderbare asphaltierte Straßen fürs Rennrad. Also wirklich für jeden was dabei. Auch das Gelände an sich ist sehr abwechslungsreich. Du kannst auf 35km 1000hm machen oder auf 100km 50hm, je nach dem in welche Richtung du fährst. Das mit den Brauereien ist natürlich auch super. Es kann dir aber natürlich auch zum Verhängnis werden – besonders wenn es schmeckt, du aber noch die halbe Strecke vor dir hast. (lacht)
Mit welcher Kamera fotografierst am liebsten, wenn du auf dem Rad sitzt?
Ich habe eine kleine Fuji X100T, die einfach perfekt ist zum Radeln. Sie ist leicht, stört nicht wenn man sie umhängen hat und liefert einfach super Ergebnisse. Ich fotografiere hier auch wirklich oft direkt in JPG, übertrage dann per Wlan aufs Iphone und kann meine Spezl nach dem Ausritt direkt mit Bildern versorgen. Wenn natürlich größere Shootings anstehen habe ich die Spiegelreflex und diverse Objektive dabei.
Auf dem Renn- oder Gravelbike hat man meist wenig Lust, eine schwere Kamera um den Hals zu tragen. Welche Kamera eignet sich deiner Meinung nach am Besten für das Fotografieren auf dem Rad?
Wie oben schon gesagt kann ich auf jeden Fall die X100 Serie von Fuji empfehlen. Die Ricoh GR Serie, eigentlich eher einer Kamera für Street Fotografen, glaube ich kann gut funktionieren. Canon baut ja glaub ich mit der R Serie auch das spiegellose Angebot weiter aus. Ich denke, das wird sicher auch immer interessanter, da leichter.
Wenn´s was Analoges sein soll, dann geht nix über die kleine Olympus XA vom Opa.
Welchen Tipp würdest du einem Foto-Anfänger mit den Weg geben?
Einfach ganz viel fotografieren. Fehler machen und weitermachen. Sich inspirieren lassen durch Musik, Filme und andere Fotografen. Aber nicht nur auf Instagram. Fotobücher sind super um sich wirklich auch mal länger als einen Scroll mit einem Bild zu beschäftigen.
An was arbeitest du zur Zeit? Gibt es schon eine kleinen Blick in die Zukunft?
Aktuell ist leider nicht wirklich was größeres geplant, da mich der Alltag gerade ziemlich fordert. Aber ich habe ein großes Herzensprojekt das ich sobald es die Zeit zulässt angehen möchte. Die Hallertau und Hopfen spielen auf jeden Fall eine Rolle, soviel sei schon mal verraten.
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